Fremdenrecht: Höchstgericht bremst bei Familiennachzug

(c) Clemens Fabry
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Verwitweter russischer Pensionist hat kein Recht, zu Verwandten in Österreich zu ziehen.

Wien. Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) bremst beim Familiennachzug von Ausländern nach Österreich: Er untersagte den Zuzug eines Russen, der zu seinen seit mehr als zehn Jahren hier lebenden Angehörigen übersiedeln wollte. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts Wien kann sich der Mann nicht auf das in der Europäischen Menschenrechtskonvention (Art 8 EMRK) verbriefte Recht auf Schutz des Familienlebens berufen.

Der 75-Jährige ist verwitwet und kommt in Russland mit seiner Pension von umgerechnet 230 Euro nicht aus. Deshalb unterstützt ihn sein Sohn von Österreich aus mit rund 400 Euro monatlich. Mit ihm, dessen Frau und seiner Enkeltochter hat der Witwer intensiven Kontakt; er besucht seine Angehörigen häufig in Österreich, und umgekehrt kommen auch die drei oft zu ihm nach Russland. Dort leisten sie ihm dann auch die Hilfe im Haushalt, die er braucht.

Als Vater, Schwiegervater und Großvater zählt der Russe nicht zu den Familienangehörigen, wie das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz sie definiert (z. B. Ehegatten, Kinder). Angesichts der besonderen persönlichen Nahebeziehung billigte das Verwaltungsgericht ihm trotzdem den Schutz der EMRK zu und erteilte ihm eine Rot-Weiß-Rot-Karte plus für zwölf Monate.

Häupl bekämpfte Aufenthalt

Dagegen erhob der Landeshauptmann von Wien, Bürgermeister Michael Häupl, Revision. Der VwGH bestätigte zwar, dass der Schutz von Angehörigen in Einzelfällen weiter reichen kann, als das Gesetz vorsieht. Doch auch wenn der Russe seit dem Tod seiner Frau unter Einsamkeit leide und psychisch stark belastet sei: Der Gerichtshofs könne hier keine derart besonderen Umstände erkennen, dass Art 8 EMRK es gebiete, den Familiennachzug zu bewilligen (Ra 2015/22/0125).

Die finanzielle Unterstützung könne der Mann wie bisher auch aus der Ferne erhalten; es gebe keine Anzeichen dafür, dass die Betreuung im Haushalt nicht auch in Russland organisiert werden könne. Und: Die Angehörigen lebten schon lang voneinander getrennt. (kom)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.02.2016)

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