Arbeitsunfall im Krankenstand nicht möglich? Staat soll haften

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Ein schwer verletzter Mann will nach der Niederlage vor dem Obersten Gerichtshof weiter dafür kämpfen, dass er recht bekommt.

Wien. „Wir sind gerade dabei zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Staatshaftungsklage vorliegen“, sagt der Wiener Rechtsanwalt Georg Prchlik. Auch der Weg zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte sei denkbar. Prchliks Mandant will trotz einer abschlägigen Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) weiter dafür kämpfen, dass sein Unglück als Arbeitsunfall anerkannt wird. Er fühlt sich diskriminiert.

Wie das „Rechtspanorama“ online berichtete, war der Mann auf dem Heimweg vom Arzt verletzt worden. Die Grundursache für den Arzttermin war ein Arbeitsunfall. Der Mechaniker hatte sich beim Montieren eines Motors eine Stichverletzung an der Hand zugezogen. Die Verletzung verheilte, doch in den Folgejahren entwickelte sich ein Knötchen im Sinne einer Gewebeverdichtung. Dieses wurde operativ entfernt. Noch im Krankenstand nach der OP geschah ein Verkehrsunfall. Der Mann war auf der Rückfahrt vom Arzt, der den Verband gewechselt hatte, zu seinem Wohnhaus. Infolge des Unfalls ist der Mann querschnittsgelähmt.

Alle zivilgerichtlichen Instanzen bis hin zum OGH wiesen den Wunsch des Mannes nach einer Vollrente ab. Sie verwiesen auf das Gesetz. Laut diesem könnten zwar auch Arztbesuche vom Unfallversicherungsschutz umfasst sein. Nämlich dann, wenn ein Unfall auf dem Weg von der Arbeitsstätte oder der Wohnung zum Arzt passiert. Laut Gesetz gilt dies aber nur, sofern dem Dienstgeber „der Arztbesuch vor Antritt des Weges bekannt gegeben wurde“. Daraus leiteten die Gerichte ab, dass der Arztweg in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Weg von oder zur Arbeitsstätte stehen muss.

Heuschnupfen vom Gesetz bevorzugt?

Wenn also jemand wegen Heuschnupfens vor Arbeitsbeginn zum Arzt geht und den Chef informiert, sei er versichert. Wenn er aber wegen eines klaren Arbeitsunfalls im Krankenstand zum Arzt gehe, nicht, klagt Prchlik. Eine Gesetzesbeschwerde beim Verfassungserichtshof, um die Norm zu kippen, hatte er nicht eingebracht. Die hätte die Rechtsschutzversicherung des Mandanten nicht gezahlt. Sehr wohl aber verlangte der Anwalt, dass das Gesetz verfassungskonform zugunsten seines Mandanten interpretiert werde. Dafür sah aber der OGH (10 Ob S131/15k) keine Möglichkeit.

Mit einer Staatshaftungsklage könnte man nun sowohl Fehler des Gesetzgebers als auch des Obersten Gerichtshofs geltend machen, sagt Prchlik. Über die Klage müsste der VfGH entscheiden. (aich)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.02.2016)

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