Soll ich mein Unternehmen verkaufen?

Kolumne "Hirt on Management". Folge 21: Gute Gründe warum Eigentümer verkaufen.

In unserer Rubrik "Hirt on Management“ beantwortet Michael Hirt, Managementexperte und -berater, Executive Coach und Keynote Speaker, alle zwei Wochen Fragen von Managern zu herausfordernden Situationen und kritischen Entscheidungen.

Frage:

Ich habe in den letzten 10 Jahren ein erfolgreiches mittelständisches Technologieunternehmen aufgebaut. Soll ich mein Unternehmen verkaufen?

Michael Hirt antwortet:

Es ist schwierig, diese Frage ohne Kenntnis der Umstände des Einzelfalles zu beantworten, aber ich kann Ihnen eine Reihe von Motiven nennen, die Tech-Unternehmer aus meiner Erfahrung dazu bewegen, ihr Unternehmen zu verkaufen.

Gehen wir mal davon aus, dass wir von einem 100-prozentigen Verkauf Ihres Unternehmens reden, also nicht der Hereinnahme eines strategischen Partners und/oder von Wachstumskapital.

Wenn ihr Unternehmen ein Top-Performer in einem attraktiven Markt mit gutem Wachstum ist, dann kann genau jetzt der richtige Moment sein, um zu einer Top- Bewertung zu verkaufen.

Sind Sie allerdings sehr früh in einem Markt mit sehr großem Potenzial und haben die echte Chance, die Nummer eins in diesem Markt zu werden, dann sollten Sie nicht verkaufen. Der Grund liegt darin, dass kein potentieller Käufer bereit sein wird, für Ihr Unternehmen wirklich zu zahlen, was es wert ist, also einen Großteil seines Zukunftspotenzials abzugelten. In diesem Fall steigen sie besser aus, wenn sie das Unternehmen weiter entwickeln und zu einem späteren Zeitpunkt verkaufen oder an die Börse bringen.

Die Tücken des Marktes

Wenn das Wachstum Ihres Marktes bereits beginnt zu schwächeln, aber ihr Unternehmen gut aufgestellt ist, um weiterhin Marktanteile zu gewinnen, kann auch noch ein ganz guter Zeitpunkt sein, um zu verkaufen.

Wenn Sie eine Technologieänderung in Ihrem Markt rechtzeitig vorher sehen und zum Ergebnis kommen, dass eine Investition in die neue Technologie sich für Sie nicht rechnet, oder mit einem zu hohen Risiko verbunden ist, sollten Sie verkaufen.

Wenn wichtige Patente ihres Unternehmens in einigen Jahren auslaufen und Sie rechtzeitig einen Käufer finden, der mit der Restlaufzeit der Patente und dem Marktzugang mehr anfangen kann als Sie.

Wenn durch das schnelle Wachstum ihres Unternehmens sich auch ihre persönlichen Haftungen als Eigentümer massiv ausgedehnt haben, und ein Verkauf der einzige Weg ist, diese loszuwerden.

Last, but not least: Langeweile. Unternehmer sind typischerweise gut darin, Marktgelegenheiten zu ergreifen und Unternehmen aufzubauen, aber haben oft keine Freude am Betrieb. Hier gibt es ein massives Risiko der Wertzerstörung, wenn der Unternehmer sich mit dem Unternehmen auf riskante Abenteuer (z.B. Diversifikation) einlässt. In so einem Fall ist es meist besser, das Unternehmen zu verkaufen und etwas vollkommen Neues zu starten.

Das Wichtigste in Kürze

Tech-Unternehmer verkaufen Ihr Unternehmen aus den unterschiedlichsten Motiven. Letztendlich muss eine Verkaufsentscheidung aus einer Gesamtbetrachtung heraus getroffen werden, die nicht nur die Lage des Unternehmens, sondern auch die Ziele und Vorstellungen des Unternehmers in Betracht zieht.


Schicken Sie Ihre Fragen an Michael Hirt an: karrierenews@diepresse.com. Die Fragen werden anonymisiert beantwortet.

Ausblick: Die nächste Kolumne von Michael Hirt erscheint am 9. Juni zur Frage: Wenn Komplexität kompliziert wird. Wie Sie die wachsende Komplexität Ihrer Umgebung mit Ihrer Organisation doch in den Griff bekommen.

Hier finden Sie die gesammelten Kolumnen.

Dr. Michael Hirt, geboren 1965 in Wien, ist Managementexperte und -berater, Executive Coach, Keynote Speaker und Buchautor. Hirt verhilft Führungskräften zu schnellen Leistungs- und Ergebnissteigerungen, mit hoher Auswirkung auf den Erfolg ihres Unternehmens. Er studierte in Österreich, Kanada (McGill) und Frankreich (INSEAD MBA) und ist weltweit tätig.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.