Arbeitsrecht: Warum man Papas doch nicht so leicht kündigt

(c) Clemens Fabry
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Das Gesetz schützt über Umwege sehr wohl Mitarbeiter, die in Papamonat gehen.

Wien. Die Einigung der Koalitionspartner auf die Familienzeit, vulgo Papamonat, war in der medialen Berichterstattung davon überschattet, dass keine Einigung auf einen Kündigungsschutz erzielt werden konnte. Auch wenn es den Tatsachen entspricht, dass das Familienzeitbonusgesetz keinen ausdrücklichen Kündigungsschutz vorsieht, ist es aber verkürzt zu meinen, dass ein solcher nicht besteht.

Der österreichische Kündigungsschutz ist vielfältig ausgestaltet: Neben dem Schutz vor zeitwidrigen Kündigungen durch Kündigungsfristen und -termine reicht er vom Schutz vor sittenwidrigen Kündigungen in Kleinstbetrieben bis hin zu dem weitergehenden Schutz vor Motivkündigungen und Kündigungen, die die Interessen des Arbeitnehmers in sozialwidriger Weise beeinträchtigen. Diesen allgemeinen Kündigungsschutz genießen jene Arbeitnehmer, die in Betrieben mit mehr als fünf Arbeitnehmern tätig sind: Eine vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung ist zunächst wirksam, der Arbeitnehmer kann gegen diese aber gerichtlich vorgehen.

Betriebsräte, Schwangere . . .

Darüber hinaus haben bestimmte schützenswerte Gruppen von Arbeitnehmern einen besonderen Kündigungsschutz: Betriebsräte wegen ihrer exponierten Position gegenüber dem Arbeitgeber, Menschen mit Behinderung aufgrund der – vermuteten – eingeschränkten Leistungsfähigkeit, werdende Mütter und Mütter rund um die Geburt sowie Eltern, die ihre Arbeitszeit aufgrund von Betreuungspflichten einschränken.

In diesen Fällen ist die Kündigung nicht nur begründungspflichtig, sondern auch das Verfahren ist ein anderes: Der Arbeitgeber muss, um das Arbeitsverhältnis beenden zu können, vorab die Zustimmung des Gerichts einholen. Erst dann kann das Arbeitsverhältnis beendet werden. Einen solchen besonderen Kündigungsschutz für die Familienzeit bzw. den Papamonat hat der Gesetzgeber nicht geschaffen, obwohl ein solcher – in Anbetracht des besonderen Kündigungsschutzes für werdende Mütter und Eltern zu Beginn ihrer Elternteilzeit – nahegelegen wäre.

Schutz durch EU-Recht

Dies bedeutet aber nicht, dass die Arbeitnehmer im Papamonat allein auf das Wohlwollen ihrer Arbeitgeber angewiesen sind. Ein Kündigungsschutz folgt zunächst aus dem Unionsrecht: Ein Papamonat ohne Kündigungsschutz widerspricht schlicht der Gleichbehandlungsrichtlinie.

Diese schreibt zwar keinen Paternity leave (Vaterschaftsurlaub) vor. Falls es aber einen solchen gibt, bestimmt die Richtlinie, dass Arbeitnehmer vor einer Beendigung aufgrund des Paternity leave geschützt sein müssen. Außerdem besteht nach Ende eines solchen ein Anspruch auf den früheren (oder einen gleichwertigen) Arbeitsplatz und auch auf Verbesserungen der Arbeitsbedingungen, auf die sie während ihrer Abwesenheit Anspruch gehabt hätten.

Die Umsetzung der Gleichbehandlungsrichtlinie findet sich im Gleichbehandlungsgesetz (GlBG): Dieses schützt, unabhängig von der Betriebsgröße oder bestimmten Merkmalen, zunächst alle Arbeitnehmer vor Beendigungen aufgrund der dort aufgezählten verpönten Motive. Konkret sind Beendigungen „aufgrund des Geschlechtes, insbesondere unter Bezugnahme auf den Familienstand oder den Umstand, ob jemand Kinder hat,“ diskriminierend.

Auch wenn derzeit überwiegend Frauen Betreuungspflichten übernehmen, stellt das GlBG hier nicht auf das biologische Geschlecht ab: Es bietet auch einen Schutz bei Auseinanderfallen des biologischen und sozialkulturell bestimmten Geschlechts.

Übernimmt ein Mann also eine sozial und kulturelle weiblich konnotierte Geschlechterrolle, etwa die Betreuung von Kindern, und wird er deswegen diskriminiert, fällt er in den Schutzbereich des GlBG. So ortete der Oberste Gerichtshof (OGH) im Fall eines Vaters, dessen Arbeitsverhältnis aufgrund seiner Ankündigung, Väterkarenz in Anspruch nehmen zu wollen, nicht verlängert wurde, eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts (OGH 9 ObA 78/11b).

Nichts anderes gilt daher bei jenen Vätern, deren Arbeitsverhältnis wegen eines Papamonats beendet oder nicht fortgesetzt wird. Sie sind angesichts der Übernahme einer – immer noch weiblich konnotierten – sozialen Rolle vom Schutz des Gleichbehandlungsgesetzes umfasst. Der Kündigungsschutz des Gleichbehandlungsgesetzes ist zwar nicht so ausgeprägt wie der besondere Kündigungsschutz: Der Arbeitgeber kann die Kündigung ohne Begründung und ohne vorherige Zustimmung des Gerichts aussprechen. Allerdings bietet der Kündigungsschutz des GlBG gewisse Vorteile gegenüber dem allgemeinen Kündigungsschutz: Der vermeintliche Beendigungsgrund – der Wunsch oder die Inanspruchnahme des Papamonats – muss nicht bewiesen, sondern nur glaubhaft gemacht werden.

Job zurück oder Schadenersatz

Kann der Arbeitgeber nicht beweisen, dass für die Beendigung ein anderes Motiv ausschlaggebend war, hat der Arbeitnehmer seinen Job wieder oder Anspruch auf Schadensatz, je nachdem, für welche Variante er sich entscheidet.

Auch wenn ein im Familienzeitbonusgesetz ausdrücklich normierter Kündigungsschutz von Vorteil gewesen wäre: Arbeitgeber sind tatsächlich gut beraten, Arbeitnehmer bei Inanspruchnahme eines Papamonats nicht zu benachteiligen.


RAA Mag. Daniela Krömer ist Konzipientin in der Rechtsanwaltskanzlei CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH und war zuvor Assistentin am Institut für Arbeits- und Sozialrecht der Universität Wien.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.05.2016)

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