Eissalon muss Rivalen akzeptieren

Wer hat das beste Eis? In Innenstädten müssen Eissalons mit Konkurrenz rechnen.
Wer hat das beste Eis? In Innenstädten müssen Eissalons mit Konkurrenz rechnen.Clemens Fabry
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Dass sein Vermieter ein zweites Eisgeschäft erlaubt, verärgerte den angestammten Salon von nebenan. Doch in belebten Gegenden sei Konkurrenz üblich, sagt der OGH.

Wien. Früher, da sei alles besser gewesen, klagte der oberösterreichische Eissalon, der seit Jahrzehnten seinen Stammplatz hat. Schlange gestanden seien die Leute, um bei ihm ein Eis zu bekommen. Doch seit im Jahr 2014 unmittelbar daneben ein zweiter Eissalon aufgemacht habe, sinke der Umsatz.

Statt früher sechs würden nun vier bis fünf Angestellte reichen, um dem Ansturm Herr zu werden. Wer vom Süden die Einkaufsstraße entlangkomme, sehe zuerst den Eissalon des Konkurrenten und kaufe gleich dort ein. Einige würden glauben, die beiden Eissalons gehören zusammen, und fragten nach, ob der Eissalon nebenan noch andere Sorten habe. Und manch einer, der bei der Konkurrenz sein Eis kaufe, setze sich dann in seinen Schanigarten oder benutze sein Klo, klagte der Eissalonbetreiber. Denn ein Kunden-WC habe der neue Konkurrent ja nicht.

Den neuen Rivalen zu akzeptieren, das kam für den angestammten Eissalon nicht in die Tüte. Die Schuld an dem Schlamassel gab der Salonbetreiber (bzw. die dahinterstehende GmbH) dem Vermieter der Liegenschaft, dem Land. Dieses hätte nicht einem anderen Eissalon die Lokalität zur Verfügung stellen dürfen. 1989 hatte der Eissalonbetreiber seinen Salon angemietet. Eine Konkurrenzschutzklausel wurde dabei nicht ausdrücklich vereinbart. Allerdings war Konkurrenzschutz dem Vermieter einst ein Anliegen.

Konkurrenzschutz vereinbart?

Der ältere Eissalon vermietet sein Geschäftslokal seit jeher im Winter unter. Und hier habe das Land viermal die Untervermietung abgelehnt, weil eine Konkurrenz zu bestehenden Unternehmen im Haus entstehen würde. Doch nun habe man eine Konkurrenz zu ihm erlaubt, klagte der alteingesessene Eissalonbetreiber. Und verlangte vor Gericht, dass man ihm die Schäden durch den neuen Eissalon (20 Prozent des Umsatzes) abgelte. Zudem verlangte er, dass man die Vermietung an den Konkurrenten künftig unterlässt.

Geklagt wurde die GmbH, in die das Land inzwischen die Immobilien eingebracht hatte, um sie zurückzumieten. Die Streitfrage: War der Konkurrenzschutz beim Vertragsabschluss konkludent vereinbart worden?

Das Bezirksgericht Linz war der Meinung, dass hier der Konkurrenzschutz missachtet wurde. „Jeder redliche und vernünftige“ Vermieter, so meinte das Gericht, würde im Interesse des Mieters Vorkehrungen treffen, damit der Mieter „vor außergewöhnlichen, das allgemeine Maß des unternehmerischen Risikos übersteigenden Beeinträchtigungen durch Konkurrenzbetriebe“ geschützt wird.

Auch das Landesgericht Linz sah berechtigte Interessen des älteren Eissalons verletzt. Zwar gebe es in der Gegend einige Eissalons. Das besondere Probleim sei hier aber, dass die Verkaufsstellen sogar „Tür an Tür“ liegen.

Der Oberste Gerichtshof (OGH) aber wies die Klage des Eissalonbetreibers ab. Allein daraus, dass das Land zu Beginn bei der Untervermietung streng war, dürfe nicht darauf geschlossen werden, dass der ältere Eissalon einen Konkurrenzschutz genieße. Denn das damalige Verhalten des Vermieters könnte auch reines Entgegenkommen gegenüber den anderen Mietern gewesen sein, aus dem der Eissalon selbst aber nichts für sich gewinnen könne. Im Vertrag finde sich kein Konkurrenzschutz, betonte das Höchstgericht, und man müsse „größte Vorsicht“ walten lassen, bevor man eine konkludente Vereinbarung annehme. So etwas gehe nur, wenn es „keinen vernünftigen Grund“ gebe, um daran zu zweifeln, dass die Vertragsparteien das wollten.

Kein geschlossenes Areal

Zweimal aber hatte der OGH schon in Urteilen einen Konkurrenzschutz konstatiert, ohne dass dieser im Vertrag ausdrücklich vereinbart worden war. Einmal ging es um einen Würstelstand auf einem Universitätsgelände, den eine dort neu eröffnete Cafeteria so schwer traf, dass er nicht mehr den Pachtzins zahlen konnte. Das andere Mal ging es um ein Zeitschriftengeschäft im Eingangsbereich eines Großmarkts. Hier war direkt gegenüber an einen Trafikanten vermietet worden, worauf der bisherige Zeitschriftenkiosk 20 Prozent Umsatzeinbußen hinnehmen musste.

In all diesen Fällen sei es aber um einen geschlossenen Bereich (Uni-Areal bzw. Großmarkt) gegangen, betonte der OGH. Und in beiden Fällen sei es allein vom Vermieter abhängig gewesen, ob ein Geschäftslokal einen Konkurrenten bekommt.

Im aktuellen Fall aber sei die Situation eine andere. Denn der Eissalon liege an einer von vielen Fußgängern genutzten Straße in der Innenstadt. Daher „war von Anfang an damit zu rechnen, dass sich in der näheren Umgebung noch andere Konkurrenzbetriebe“ ansiedeln, erklärte der OGH. Auch auf der gegenüberliegenden Straßenseite etwa hätte ein anderer Vermieter an einen anderen Eissalon vermieten können. In Anbetracht des belebten Umfelds dürfe man nicht davon ausgehen, dass die Vertragsparteien konkludent einen Konkurrenzschutz vereinbaren wollten, meinte der OGH (7 Ob 42/16a).

Der angestammte Salon muss somit den ungeliebten Konkurrenten von nebenan akzeptieren. Und den Streit wohl auf Eis legen.

(Print-Ausgabe, 08.08.2016)

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