Gleicher Preis bei Fußball, Haaren und Lokalen

Symbolbild: Beim Herrenfriseur
Symbolbild: Beim Herrenfriseur (c) Clemens Fabry
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Ob Diskriminierung wegen des Geschlechts oder der Herkunft: Das Gesetz bietet Kunden diverse Möglichkeiten, gegen unfaire Preisgestaltung vorzugehen. Auch Kleidungsvorschriften können illegal sein.

Wien. Das Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) verbietet Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts und der ethnischen Zugehörigkeit beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich Wohnraum. Das klingt sperrig, hat aber große praktische Relevanz. Denn wer beim Besuch eines Geschäfts oder Lokals, eines Freizeitbetriebs oder während der Fahrt in einem öffentlichen Verkehrsmittel, beim Versuch, einen Mietvertrag abzuschließen oder ein Bankkonto zu eröffnen, aufgrund des Geschlechts, der Hautfarbe oder der Herkunft benachteiligt oder belästigt wird, kann den Vorfall vor der Gleichbehandlungskommission überprüfen lassen. Und gegebenenfalls Schadenersatz für die erlittene persönliche Kränkung bei Gericht einklagen.

Bekannt dürfte sein, dass es nicht zulässig ist, für gleichartige Leistungen, die Männern ebenso wie Frauen angeboten werden, nach Geschlecht unterschiedliches Entgelt zu verlangen. Waren anfangs häufig Frisiersalons diesbezüglich in der Kritik, die ihre Preise oft nicht nach dem tatsächlichen Aufwand verrechneten, sondern Frauen mit Kurzhaarschnitt deutlich mehr zahlen ließen als Männer mit vergleichbar kurzen Haaren, langen nun häufiger Beschwerden über Clubs und Lokale ein, die Frauen mit besonderen Preisvorteilen locken („Die Presse am Sonntag“ vom 14./15. August berichtete).

Ein um fünf Euro günstigerer Eintritt, dazu noch Gratisgetränke für „Girls and Ladies“, wird von Männern, die zu denselben Bedingungen ins Lokal wollen, nicht mehr ohne Weiteres hingenommen. In den meisten Fällen bekommen sie mit ihrer Beschwerde recht, denn Marketingmaßnahmen sind keine zulässige Rechtfertigung für eine geschlechtsspezifisch unterschiedliche Preisgestaltung.

Wie eine gesetzeskonforme Festsetzung von Preisen aussehen muss, die Männer und Frauen in vergleichbarer Situation auch gleich behandelt, hat im Zusammenhang mit Tickets speziell für ältere Reisende bereits die Gerichte beschäftigt. Demnach müssen Verkehrsbetriebe, die Tickets für Frauen und Männer ab unterschiedlichen Altersgrenzen anbieten, damit rechnen, jener Gruppe, die erst ab einem höheren Lebensalter in den Genuss vergünstigter Tickets kommt (also den männlichen Senioren), Schadenersatz wegen Diskriminierung zahlen zu müssen (LG für ZRS Wien, 35 R 8/13f).

Sakkozwang diskriminierend?

Auch der Verfassungsgerichtshof war im Zusammenhang mit Fußballtickets schon mit der Thematik befasst, weil Männer für ein Spiel der österreichischen Nationalmannschaft gegen Deutschland 18 Euro zahlen mussten, Frauen aber nur elf (A 1/09-18 – es ging um einen Staatshaftungsanspruch wegen behaupteter mangelnder Umsetzung von EU-Recht). Rechtlich relevant kann auch die Vorgabe von Bars, Casinos oder Kulturveranstaltungen werden, Männern und Frauen bestimmte, unterschiedliche Kleidungsvorschriften zu machen, wenn diese Einlassbedingung sind. Wer bei der erwünschten eleganten Kleidung bei Frauen großzügiger ist, weil es eine größere Bandbreite an Stilrichtungen und Kleidungsformen gibt, von Männern aber bei sonstiger Zutrittsverweigerung ein Sakko verlangt, verstoßt unter Umständen gegen das Gleichbehandlungsgebot.

Bekannt ist, dass es auf dem Wohnungsmarkt für jene Interessenten Probleme geben kann, die aufgrund ihres fremdländischen Namens, ihrer Hautfarbe oder Herkunft für die Miete oder den Kauf einer Wohnung nicht erwünscht sind, weil man befürchtet, sie würden die Wohnung verschmutzen, zu laut sein und die Miete nicht zahlen.

Zulässig ist eine Bonitätsprüfung, nicht erlaubt hingegen eine auf Vorurteilen, Unterstellung und Stereotypen basierende Ablehnung von Wohnungswerbern. Auch wer Alleinerziehern mit Kindern oder Schwangeren eine Wohnung nicht vermieten will, weil im Haus Ruhe herrschen soll, kann dadurch möglicherweise schadenersatzpflichtig werden.

Geld für verletzte Würde

Sexuelle oder sonstige geschlechtsbezogene Belästigungen oder ethnisch motivierte Beschimpfungen, denen jemand bei der Inanspruchnahme einer Dienstleistung ausgesetzt ist, führen ebenfalls zu Ansprüchen auf Schadenersatz wegen der Verletzung der Würde. Wird etwa eine Frau von einem Handwerker, der in ihrer Wohnung einen Boiler repariert, verbal belästigt oder körperlich bedrängt, wird eine Fahrschülerin während der Übungsstunde gegen ihren Willen am Knie gestreichelt oder aber als saublöde Tussi beschimpft, die wie alle Frauen nie richtig Auto fahren lernen wird, kann mithilfe des Gleichbehandlungsgesetzes eine finanzielle Kompensation für die Würdeverletzung erlangt werden.

Dass der Ausruf „wir verkaufen nicht an Ausländer“ seitens eines Geschäftsinhabers in Verbindung mit einem Fußtritt gegenüber der potenziellen Kundin eine unmittelbare Diskriminierung beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit darstellt, wurde bereits gerichtlich entschieden (LG für ZRS Wien, 35 R 104/07i); in einem anderen Fall endete der Verweis eines tschetschenischen Paares aus einem Sportartikelladen mit einem Vergleich vor Gericht.

Selbstverständlich genügt auch in gleichbehandlungsrechtlichen Fällen nicht die bloße Behauptung, diskriminiert worden zu sein, für Schadenersatz. Die verletzende Äußerung, die Belästigung, die Einlassverweigerung muss glaubhaft gemacht werden, führt dann aber zu einer Beweislastverlagerung zulasten der mutmaßlich diskriminierenden Person. In vielen Fällen geht es aber nicht um Beweis-, sondern nur um Rechtsfragen.

Ein Unternehmen, das mit unterschiedlichen Preisen für Männer und Frauen wirbt, oder ein Maklerbüro, das Wohnungen mit dem Vermerk „nur an Inländer zu vergeben“ anpreist, liefert selbst ausreichend Evidenz dafür, dass eine Ungleichbehandlung vorliegt. Ob diese diskriminierend oder ausnahmsweise sachlich gerechtfertigt ist, prüfen auf Antrag die Gleichbehandlungskommission oder die zuständigen Zivilgerichte.

AUF EINEN BLICK


MMag.a Eva Lang ist Anwältin für Gleichbehandlung in Wien.Die Gleichbehandlungsanwaltschaftberät, wann ein Vorgehen Aussicht auf Erfolg hat, und interveniert für Betroffene auch im Vorfeld eines Verfahrens bei den mutmaßlich diskriminierenden Stellen. Im Jahr 2015 gab es im Bereich Güter und Dienstleistungen 411 Anfragen, Beratungen und Rechtsauskünfte. Kontakt aus ganz Österreich zum Nulltarif: 0800 206 119 oder gaw@bka.gv.at. Für eine Überprüfung von Diskriminierungen abseits des eigenen Arbeitsplatzes ist Senat III der Gleichbehandlungskommission zuständig.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.09.2016)

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