Warum die Saudi-Schule in Betrieb ist

(c) Benedikt Kommenda
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Der Verwaltungsgerichtshof hat dem Rechtsstaat zum Durchbruch verholfen, indem er bestätigte: Das Verbot, die Saudische Schule in Wien zu führen, war unzulässig.

Wien. Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit seiner Entscheidung Ro 2016/10/0016 eine Amtsrevision des Stadtschulrats für Wien verworfen und diesen durch einfache Auslegung des Privatschulgesetzes in die Grenzen seiner Aufsichtsbefugnis verwiesen. (s. das Rechtspanorama vom 26. 9.). Die vom Stadtschulrat verfügte Untersagung der Führung der „Saudischen Schule des Königreichs Saudiarabien“ war eindeutig rechtswidrig. Die heftigen Reaktionen auf diese Entscheidung im „Presse“-Forum und im „Quergeschrieben“ geben Anlass zu Klarstellungen.

Die Saudische Schule in Wien ist keine religiöse Privatschule. An der Schule werden vorwiegend Diplomatenkinder auf Arabisch, Englisch und Deutsch unterrichtet. Das Königreich Saudiarabien ist als Schulerhalter stets bemüht, die Gesetze des Gastlandes Österreich zu beachten. Anlässlich eines polemischen Beitrags in der Zeitschrift „News“ im November 2014 startete der Stadtschulrat eine beispiellose Kampagne gegen die Schule, die in einem Untersagungsbescheid gipfelte. Einer Beschwerde der Schule gegen diesen Bescheid erkannte der Stadtschulrat wegen „Gefahr im Verzug“ die aufschiebende Wirkung ab. Das dagegen erhobene Rechtsmittel legte der Stadtschulrat dem Bundesverwaltungsgericht nicht wie vom Gesetz vorgeschrieben „unverzüglich“, sondern mit neuntägiger Verzögerung vor. Das Bundesverwaltungsgericht behob den Bescheid des Stadtschulrats sofort. Aufgrund dieser – korrekten und notwendigen – Entscheidung konnte die Schule wieder geöffnet und betrieben werden.

Lehrmittel zu weit ausgelegt

Der VwGH wendete bei der Lösung der entscheidenden Rechtsfrage (Auslegung des Begriffs „Lehrmittel“ im Privatschulgesetz) grundlegende Interpretationsmethoden an: Der Wortlaut, die historische und die systematische Interpretation der schulrechtlichen Vorschriften ergaben eindeutig, dass der Stadtschulrat einem Schulerhalter, der die Räume und Ausstattung für den Schulbetrieb bereitzustellen hat, die Schulführung nicht mit Hinweis auf ihm nicht genehme Lehrbücher untersagen darf.

Es bleiben Fragen: Warum hat der Stadtschulrat die klare Rechtslage nicht selbst richtig erkannt? War der immense Aufwand für die Übersetzung sämtlicher Schulbücher (auch in Fächern wie Mathematik, Physik, Informatik usw.), den der Schulerhalter trug, gerechtfertigt?

Mit der Entscheidung hat der VwGH jedenfalls aufsichtsbehördlicher Willkür eine klare Abfuhr erteilt und das Ansehen des Rechtsstaates wiederhergestellt.


Dr. Georg Rihs ist Rechtsanwalt in Wien. Er war am Verfahren als Vertreter Saudiarabiens beteiligt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.10.2016)

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