Kein Geld für Trauer um Vaters Pferd

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Ein Mädchen ist psychisch erkrankt, nachdem das Pferd ihres Vaters gestorben war. Der Oberste Gerichtshof lässt erkennen, dass Schadenersatz dafür zu verlangen aussichtslos ist.

Wien. Der Oberste Gerichtshof hat schon so manchen Fall zum Anlass genommen, Schmerzengeldansprüche zu erweitern: Dass jemand einen tiefen Schock erleidet, wenn er von schwersten Verletzungen eines Familienmitglieds erfährt, kann ebenso erst dank der OGH-Rechtsprechung zu einem Schadenersatzanspruch führen wie die Trauer um einen nahen Angehörigen auch ohne Krankheitswert. Doch dieser neue Fall wird nicht zu einem bisher ungekannten Rechtsanspruch führen: das Leid, das eine 17-Jährige erfuhr, weil das geliebte Pferd ihres Vaters starb.

Der OGH hat die Entscheidung des Landesgerichts St. Pölten gebilligt, derzufolge die Jugendliche nicht einmal versuchen soll, Schmerzengeld einzuklagen. Es wäre ja doch aussichtslos. „Eine Haftung für Schockschäden bei Verlust eines Tieres wurde vom Obersten Gerichtshof noch nie vertreten“, sagt derselbe Gerichtshof. Und er zeigt sich nicht gewillt, von dieser Linie abzuweichen.

Gericht verbot Klagsführung

Das Pferd sei gestorben, weil es dort, wo es eingestellt war, nicht artgerecht gehalten worden sei, sagte die junge Frau. Sie gab an, infolge des Todes psychisch erkrankt zu sein. Sie klagte deshalb den Einsteller auf Schadenersatz. Dazu hätte sie allerdings die Zustimmung des Bezirksgerichts gebraucht. Denn Schadenersatzklagen zählen zu jenen Rechtshandlungen, die weder von Minderjährigen allein noch mit Zustimmung der Obsorgeberechtigten gesetzt werden dürfen – sondern nur mit Genehmigung des Pflegschaftsgerichts. Und die gibt es für eine Klage nur dann, wenn diese im Interesse der minderjährigen Person liegt und deren Wohl entspricht.

Die Kontrollfrage lautet: Würde ein verantwortungsbewusster gesetzlicher Vertreter in einem vergleichbaren Fall den Klagsweg beschreiten oder nicht? Das ist dann nicht anzunehmen, wenn die Erfolgsaussichten gering sind, die Gefahr jedoch groß, dass der Minderjährige sich hohe Prozesskosten einhandelt.

Schaden mit Fernwirkung

Und genau so liegen die Dinge im Fall des toten Pferdes. Schon die eingangs erwähnten Schockschäden bedürfen eines großen Argumentationsaufwands und eines starken Grundes, warum ein Schädiger für eine Erkrankung einer dritten Person verantwortlich gemacht werden soll. Deshalb muss die Verletzungshandlung in hohem Maß geeignet sein, auch noch auf den Angehörigen gewissermaßen fernzuwirken – etwa wegen der Schwere der Verletzung.

Über Schockschäden infolge des Verlusts eines Tieres hat der OGH zwar noch nie entschieden. Der Gerichtshof verweist aber auf Stimmen in der Wissenschaft, die hier eine Verantwortung des Schädigers verneinen. Die Sorge um ein Tier reiche demnach als Schockursache nicht aus. „In diesem Fall fehle es an der spezifischen Gefährlichkeit des Erstschadens für die Gesundheit des Schockgeschädigten“, zitiert der OGH die vorherrschende wissenschaftliche Meinung. Und weiter: „Nur die Sorge um eine Person sei als hinreichend erhebliche Schockursache anzusehen.“ (1 Ob 125/16p) Der OGH sieht deshalb keinen Anlass, die Entscheidung des Bezirksgerichts und dann auch des Landesgerichts St. Pölten zu beanstanden, mit der die Klagsführung durch die Jugendliche nicht genehmigt wurde.

Besondere Vorliebe zählt nicht

Die junge Frau hatte auch keinen weiteren Grund, der neben dem behaupteten Schockschaden für eine Klage in Betracht gekommen wäre: Sie war nicht die Eigentümerin des Pferdes, und sie behauptete auch nicht, dass der Einsteller das Tier vorsätzlich getötet hätte. Also konnte sie den Trauerschmerz auch nicht abgegolten bekommen, indem sie den im ABGB (in § 1331) sogenannten „Wert der besonderen Vorliebe“ verlangt hätte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.10.2016)

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