Berufswunsch Journalist erlaubt spätes Studium

(c) Clemens Fabry
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Eine bisherige Rezeptionistin kann nach einem Urteil des Obersten Gerichtshofs doch noch auf Unterhalt von ihrem Vater für ein Soziologiestudium hoffen.

Wien. Dass die Frau nun auf die Universität geht, um später einmal im Bereich politischer Journalismus/Printmedien zu arbeiten, hielt das Bezirksgericht Imst für keine gute Idee. Es sei zu bezweifeln, dass die bisherige Rezeptionistin mit diesem Berufsziel später ein besseres Fortkommen und somit ein höheres Einkommen erzielen könne, befand die erste Instanz. Und wies den Unterhaltsantrag gegen den Vater ab. Doch die Tirolerin kämpfte weiter für ihren Wunsch.

Das Besondere in dem Fall war, dass die Frau bereits in einem anderen Beruf gearbeitet hatte, bevor in ihr der Wunsch nach einem Leben als Journalistin aufkeimte. Und wenn man schon einmal im Arbeitsleben steht, braucht man besonders gute Argumente, um seine Eltern wieder zu einem Unterhalt für ein Studium zu verpflichten. Die 1991 geborene Frau hatte im Juni 2011 die Handelsakademie mit der Matura abgeschlossen. Im darauffolgenden Herbst begann sie ein Studium der Wirtschaftswissenschaften. Dieses entsprach aber nicht ihren Neigungen. Sie brach das Studium rasch ab und begann im Dezember 2011 als Rezeptionistin zu arbeiten. Ihrem Vater, der noch für zwei weitere Kinder zahlen muss, teilte die junge Frau damals mit, er könne die Unterhaltsbeiträge einstellen.

Für das Studium besonders begabt?

Knapp zwei Jahre später sollte es sich die junge Frau wieder anders überlegen. Sie begann im Wintersemester 2013/14 das Studium der Soziologie, ein Jahr darauf auch noch ein Politikwissenschaftsstudium. Den Job als Rezeptionistin gab sie auf. Wenn die Frau noch arbeitete, dann nur aushilfsweise als Kellnerin. Die nunmehrige Studentin verlangte nun wieder Unterhalt von ihrem Vater (rund 600 Euro). Der Vater, ein Zimmerer, wollte aber nicht zahlen. Er bezieht nach einem Arbeitsunfall eine Berufsunfähigkeitspension von rund 2250 Euro brutto sowie eine Versehrtenrente von knapp 750 Euro netto im Monat. Zudem erhielt er eine Abfertigung in Höhe von 50.000 Euro, die er aber größtenteils für die Rückzahlung eines Kredits und Sanierungsarbeiten an seinem Haus verwendete.

Die Tochter erklärte, dass sie den Bachelor in Soziologie machen wolle, um anschließend das Masterstudium Internationale Beziehungen und Entwicklungspolitik absolvieren zu können. Dieses Studium entspreche ihren Neigungen. Und mit dieser Ausbildung sei jedenfalls ein besseres Fortkommen als mit dem bloßen Abschluss der Handelsakademie zu erwarten. Wobei die Frau vor Gericht betonte, später einmal „im politischen Journalismus“ tätig sein zu wollen.

Job im Journalismus schwer zu finden

Nach allgemeiner Erfahrung seien Anstellungen in dem von der Tochter angestrebten Berufszweig äußerst schwer bis gar nicht zu finden, wandte der Vater ein. Seine Tochter sei bereits mit dem Abschluss der Handelsakademie selbsterhaltungsfähig geworden. Sie könne mit ihrer Ausbildung im kaufmännischen und im touristischen Bereich tätig sein. Das nun von ihr gewählte Studium hingegen sei keine weiterführende Ausbildung, sondern etwas völlig anderes. Außerdem bezweifle er, dass seine Tochter für dieses Studium besonders geeignet sei.

Nicht nur das Bezirksgericht Imst, auch das Landesgericht Innsbruck gab dem Vater recht. Man müsse bei der Frage, ob die Unterhaltspflicht eines Elternteiles wieder auflebe, einen strengeren Maßstab anlegen als bei der Erstausbildung eines Kindes, hielt das Landesgericht fest. Wenn jemand schon jahrelang den erlernten Beruf ausgeübt habe, könne die Unterhaltspflicht für eine weitere Ausbildung nur dann aufleben, wenn man bisher kein angemessenes Einkommen erzielen konnte. Die Frau habe als Rezeptionistin aber schon ein angemessenes Einkommen erzielt.

Auch der Oberste Gerichtshof (OGH) betonte zunächst, dass in diesem Fall strengere Voraussetzungen gelten. Während bei einem unmittelbar nach der Matura begonnenen „Anschlussstudium“ keine Bewertung der Studienwahl nach Berufs- und Einkommensaussichten vorzunehmen sei, gelte für eine spätere Unterhaltspflicht der Eltern etwas anderes. Hier benötige es „neben einem durch Fleiß dokumentierten besonderen Interesse noch eine besondere Eignung des Kindes für die gewählte Ausbildung, die begründete Erwartung gesteigerter Verdienstchancen sowie die an ihren Lebensverhältnissen zu messende Zumutbarkeit weiterer Unterhaltsleistungen für die Eltern“, erklärte der OGH.

Meist bessere Chancen durch Studium

Grundsätzlich müsse man aber davon ausgehen, „dass eine akademische Ausbildung ein besseres Fortkommen ermöglicht, also insbesondere mit erhöhten Verdienstchancen verbunden ist“, konstatierten die Höchstrichter. Und entgegen der Meinung des Bezirksgerichts seien die besseren Verdienstchancen auch beim Berufsziel Politikjournalist „nicht von vornherein zu verneinen“.

Der OGH gab den Fall aber noch einmal an das Bezirksgericht zurück. Dieses solle nämlich prüfen, ob die Frau den nötigen Fleiß aufbringt und ob sie für das gewählte Studium besonders geeignet ist. „Beides wäre jedenfalls dann zu bejahen, wenn sie ihr Soziologiestudium (wie von ihr beabsichtigt) mittlerweile in der Mindeststudienzeit abgeschlossen haben sollte“, erklärte der OGH (3 Ob 128/16v).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.10.2016)

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