Mietrecht hält vorerst vor dem Höchstgericht

(c) Clemens Fabry
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Lagezuschlag und Abschlag bei Befristungen zulässig.

Wien. Eine erste Welle von Anträgen gegen das geltende Mietrecht, mit denen sich Vermieter beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) beschwert hatten, ist am Höchstgericht abgeprallt. Wie der Gerichtshof am Donnerstag bekannt gab, sind weder das Verbot, in Gründerzeitvierteln vom Mieter einen Lagezuschlag zu verlangen, noch der Abschlag vom Mietzins bei befristeten Verträgen verfassungswidrig.

Auf die Prüfung anderer Bestimmungen, durch die sich die Vermieter zu stark belastet gefühlt hatten, ist der VfGH aus formalen Gründen nicht eingegangen. Mieten in Gründerzeitvierteln möglichst niedrig zu halten liegt für den Gerichtshof im öffentlichen Interesse. Das Verbot eines Zuschlags diene nämlich dem sozialpolitischen Ziel, auch Menschen mit mittleren oder niedrigen Einkommen zentrumsnahes Wohnen zu ermöglichen. In Wien liegen die Gründerzeitviertel vor allem entlang des Gürtels in den Bezirken 15 bis 18, aber auch im 3., 5., 10., 12., 20. und 21. Bezirk. Ein Lagezuschlag zum Richtwert (in Wien derzeit 5,39 Euro je Quadratmeter und Monat) darf nur dann verrechnet werden, wenn bauliche Veränderungen die Wohnumgebung schon zum Zeitpunkt der Vermietung gegenüber einem Gründerzeitviertel aufgewertet haben.

Auch mit der Bestimmung, wonach sich der höchstzulässige Mietzins bei befristeter Vermietung (gleichgültig, in welcher Dauer) um 25 Prozent verringert, hat der Gesetzgeber den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum eingehalten. Der Gerichtshof sieht darin nämlich einen Ausgleich zwischen dem Interesse des Vermieters, mittels Befristungen die Wohnung verfügbar zu halten, und dem Interesse des Mieters an einem dauerhaft gesicherten Mietrecht (VfGH G 673/2015).

Neue Anfechtung möglich

Daneben hatten die Vermieter etliche weitere Punkte im Mietrecht bekämpft, etwa die Festlegung von Richtwerten insgesamt. Dabei hatten sie aber den Umfang ihrer Anfechtung unbeabsichtigt so gewählt, dass der VfGH aus formalen Gründen nicht darauf eingehen konnte oder musste. Eine neuerliche Anfechtung ist also möglich.

Dennoch begrüßte Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ) das Erkenntnis als Entscheidung von „enormer Tragweite“. Ludwig: „Dieses Höchstgerichtsurteil bestätigt die geltenden gesetzlichen Regelungen als verfassungskonform.“ (kom)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.11.2016)

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