Fahrlässige Tötung kann ohne Verurteilung bleiben

Diversion. Wer ungewollt einen Angehörigen tötet und deshalb psychisch stark leidet, kann ohne Strafe davonkommen.

Wien. Von der Öffentlichkeit bisher unbemerkt rührt das Strafprozessrechtsänderungsgesetz, das die Kronzeugenregelung definitiv macht, an einem Tabu: Ab 2017 wird im Erwachsenenstrafrecht eine fahrlässige Tötung ohne Verurteilung und stattdessen mit einer Diversion möglich. Das gilt sogar bei grob fahrlässiger Tötung – z. B. bei einer alkoholisierten Autofahrt –, jedoch immer nur dann, wenn der Täter durch die Folgen des Unfalls psychisch schwer belastet ist und seine Schuld nicht schwer ist.

Schon „genug gestraft“

Dahinter steht – um beim Straßenverkehr zu bleiben – folgende Überlegung: Ein Lenker, der bei einem selbst verschuldeten Unfall einen Angehörigen verliert, kann dadurch schon „genug gestraft“ sein. Auf Tiroler Initiative hat die Landeshauptleutekonferenz sich deshalb schon 2005 einstimmig dafür ausgesprochen, „die Anwendung der Diversion bei Unfällen mit tödlichem Ausgang im familiären Umfeld zu ermöglichen“. Die Diversion kommt ohne Verurteilung und damit Vorstrafe aus und kann in einer Geldbuße, gemeinnützigen Leistungen oder einer Probezeit (auch mit Auflagen wie einer Nachschulung) bestehen.

Seit 2008 besteht die nun für Erwachsene beschlossene Diversionsmöglichkeit bereits für Jugendliche. Bei der großen Strafrechtsreform 2015 hat sich der Gesetzgeber noch nicht über den nächsten Schritt getraut, sie auch für Erwachsene zu öffnen.

Die Diversion ist und bleibt ausgeschlossen, wenn der Tod auf eine Vorsatztat zurückgeht oder wenn der Beschuldigte gar nicht schwer psychisch belastet ist – weil beispielweise das Opfer zwar Angehöriger war, er aber zu ihm kein Naheverhältnis hatte. (kom)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.12.2016)

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