Je nachdem, ob der Staat in einzigartiger hoheitlicher Form tätig ist oder nicht, ist zwischen einer distanzierenden und einer kooperierenden Form des Neutralitätsprinzips zu unterscheiden.
Wien. Die religiöse Neutralität des Staates ist im Zusammenhang mit dem neuen Arbeitsprogramm der Bundesregierung seit einigen Tagen in aller Munde. Tatsächlich handelt es sich bei der religiös-weltanschaulichen Neutralität um einen zentralen Begriff für die Beschreibung des Verhältnisses des modernen Verfassungsstaats zur Stellung des Einzelnen in seiner religiösen Freiheit als auch der Religionsgemeinschaften. Mit den Worten Heiner Bielefeldts, des ehemaligen UN-Sonderberichterstatters für Religions- und Weltanschauungsfreiheit, ist sie „Ausdruck des um der Mündigkeit willen gebotenen Respekts vor den Überzeugungen der Menschen, in die der Staat nicht eingreifen darf, sondern deren freiheitliche Entfaltungsbedingungen er politisch-rechtlich zu sichern hat“.
Akzeptieren statt identifizieren
Das Neutralitätsprinzip ist also die Konsequenz demokratischer Entscheidungsprozesse und grundrechtlicher Gewährleistungen, insbesondere der Religions- und Weltanschauungsfreiheit und des Gleichheitssatzes. Die leidvolle Geschichte der Verbindung von Staat und Religion hat zur Säkularität des Staates, seiner religiösen Unzuständigkeit und der Nichtidentifikation mit Religion geführt. Der Staat darf die Besonderheit der Religionsbezüge weder ignorieren noch sich damit identifizieren.