Auf Privatflächen darf Polizei nicht strafen

Themenbild: Parkgarage
Themenbild: Parkgarage(c) Clemens Fabry
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Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs über Strafen in Parkgaragen führt zu Sanktionen auf der Basis unüberprüfbarer Vorgaben.

Wien. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH Ra 2016/02/0270) zur Definition einer im Privateigentum stehenden Parkgarage als öffentliche Straße und die Ausdehnung der polizeilichen Strafgewalt auf diese Flächen (Das „Rechtspanorama“ hat am 15. Mai berichtet) halte ich für grundlegend falsch.

Grundlage einer polizeilichen Strafgewalt im öffentlichen Raum sind Gesetze und Verordnungen. Das rechtmäßige Zustandekommen derselben kann objektiv geprüft werden. Selbst wenn z. B. ein Halteverbot auf einer öffentlichen Straße ordnungsgemäß ausgeschildert ist, aber die Grundlage der Verordnung weggefallen ist, besteht kein Strafanspruch. Ein vor einem Haus ausgeschildertes Halteverbot „ausgenommen Vertreter der Botschaft XY“ taugt nicht als Grundlage einer Strafe, wenn diese Botschaft ihren Sitz längst an einen anderen Ort verlegt hat und die Grundlage des Halteverbots weggefallen ist.

Die Grundlagen einer polizeilichen Strafverfügung sind also objektiv prüfbar und brauchen eine Begründung, die in allgemeinen Rechtsgrundsätzen Deckung findet – zum Beispiel Geschwindigkeitsbeschränkungen zur Vermeidung einer übermäßigen Lärmbelästigung etc.

Einteilung in privater Autonomie

Parkgaragen sind im Privateigentum stehende Nutzflächen, die als Abstellflächen für Kraftfahrzeuge dienen. Die Einteilung dieser Flächen unterliegt der Privatautonomie: ob die gesamte Fläche oder nur Teilflächen nutzbar gemacht werden, wo Sperrflächen angebracht werden etc. Eine behördliche Bau- und Nutzungsbewilligung mag die Größe von Stellplätzen, notwendige Wenderadien oder maximale Rampenneigungen bestimmen, das aber nur im Rahmen des gestellten Bauansuchens und auf der Grundlage der Bauordnung.

Die Umsetzung der Bodenmarkierungen erfolgt genauso im privatrechtlichen Bereich und unterliegt keiner Kontrolle durch eine Behörde, die nach der Straßenverkehrsordnung (StVO) die Sinnhaftigkeit/Zulässigkeit prüft und durch eine Verordnung eine gesetzliche Deckung als Grundlage für ein Strafverfahren schafft. Auf öffentlichen Straßen erfolgt diese Kontrolle der Ausschilderung und der Markierungen jedoch sehr wohl.

Wenn ein Arbeiter z. B. Bodenmarkierungen anbringt, die nicht dem Bauplan entsprechen, Sperrflächen überdimensioniert etc., so kann bei Umsetzung der Judikatur des VwGH ein Fahrzeuglenker behördlich abgestraft werden, stellt er sein Fahrzeug – wenn auch nur geringfügig – auf dieser gar nicht so geplanten Sperrfläche ab.

Besitzstörungsklage ohnehin möglich

Ich halte es für angebracht, die Geltung der StVO (Rechtsvorrang etc.) auf privaten Grundflächen als Grundlage für eventuelle Schadenersatzansprüche auszubedingen. Das sollte aber nicht zu einer Grundlage für einen obrigkeitlichen Strafanspruch führen. Widerrechtliche Nutzung kann ohnedies vom Eigentümer/Berechtigten mit Besitzstörungsklagen geahndet werden.

Es ist auch rechtsstaatlich bedenklich, wenn sich ein staatlicher Strafanspruch auf im Privatrechtsbereich gefallene Entscheidungen (Ausgestaltung der Flächen) stützt, die für den Betroffenen nicht einmal prüfbar sind.

Es ist auch gar nicht gesagt, dass ein Eigentümer/Betreiber damit einverstanden ist, dass in seiner Parkgarage auf seinem Privatgrund behördliche Strafmandate verteilt werden. Und will er das, so könnte er – ähnlich wie bei einem Halteverbot auf öffentlichem Grund wie z. B. „ausgenommen Ladetätigkeit mit Lastwagen“ – auch eine behördliche Verordnung für seinen Garagenbereich beantragen. Eine solche Verordnung könnte – wenn man die Garage, wie es der VwGH getan hat, als Straße definiert – auf dem Boden der StVO erlassen werden. Und sie wäre prüfbar.

Grundsätzlich ist ein staatlicher Strafanspruch restriktiv auszulegen. Dies hat der VwGH jedoch nicht getan.


Helmut Hoppel ist emeritierter Rechtsanwalt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.05.2017)

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