Krampus verletzte Frau: "Ungefragt in der Opferrolle"

Krampus
Krampus(c) APA/BARBARA GINDL (BARBARA GINDL)
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Zuschauer bei einem Krampuslauf handeln auf eigene Gefahr, entschied der Oberste Gerichtshof. Es falle in die Eigenverantwortung des Publikums, ob es an der Vermischung von Publikum und Krampussen teilhaben wolle.

WIEN. Wer am vergangenen Wochenende nicht vom Krampus heimgesucht wurde, kann von Glück reden. Denn ein Treffen mit dem Bösewicht kann unangenehm enden, wie eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) zeigt.

Im Dezember 2005 veranstaltete ein Verein im Salzburger Land einen Krampuslauf. Gleich 250 Krampusse nahmen daran teil. Eine Frau – sie war als Zuschauerin zu der Veranstaltung gekommen – machte um 21Uhr nähere Bekanntschaft mit einem Krampus. Dieser stürmte in die Zuschauermenge und packte ein neben der Frau stehendes Mädchen an den Haaren. Die Frau selbst wurde dabei vom Griff der Rute massiv am linken Auge verletzt. Die Frau klagte den Veranstalter – der konkrete Übeltäter hinter der Maske wurde nicht ausfindig gemacht.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Es falle in die Eigenverantwortung des Publikums, ob es an der Vermischung von Publikum und Krampussen beim Freilauf teilhaben wolle. Ein Mehreinsatz an Ordnern hätte auch nichts genützt: Das Verhalten des Krampusses in der Mädchengruppe sei nicht so auffallend gewesen, dass ein Ordner eingegriffen hätte.

Schläge gegen Beine normal

Denn „leichtes Rutenschlagen gegen Mädchenbeine und Körperkontakte etwa durch scheinbar bedrohliches Herumfuchteln oder Mädchen-in-die-Haare-Greifen“ würden unter „nicht zu verhindernde Exzesse“ fallen. Jedenfalls scheide eine Haftung des Krampusvereins aus, weil nicht festgestellt werden konnte, dass die Verletzung der Frau tatsächlich durch eine am Handgelenk des Krampusses baumelnde Rute verursacht worden sei. Das Berufungsgericht hingegen hob das Urteil auf: Es betonte, dass die Augenverletzung durch die Krampusrute im Prozess unstrittig gewesen sei. Überdies müsse der Krampusverein aufgrund einer bescheidmäßigen Anordnung die Haftung für Schäden übernehmen. Dies sei Inhalt des Bescheides gewesen, mit dem der Bürgermeister die Veranstaltung genehmigt hat.

Der Oberste Gerichtshof (10 Ob 15/08s) entschied aber, dass es für die im Bescheid ausgesprochene verschuldensunabhängige Haftung des Veranstalters keine Rechtsgrundlage im Salzburger Veranstaltungsgesetz gebe. Der Bescheid biete damit keine Haftungsgrundlage. Aber auch wegen der Unterlassung von Sicherheitsmaßnahmen könne es keine Haftung des Krampusvereins geben. Denn Besucher beim Krampuslauf seien während des Freilaufs, der an den Umzug anschließt, nicht bloß Zuseher. Sie seien vielmehr Mitwirkende „zur eigenen Unterhaltung und des Nervenkitzels wegen“, meinte der OGH. Den Zusehern falle „ungefragt die Rolle der Opfer der Krampusse zu“. Die verletzte Frau habe daher die Gefahr, die von Krampussen und ihren am Handgelenk baumelnden Ruten ausgehe, selbst erkennen müssen. Sie bekommt keinen Schadenersatz.

AUF EINEN BLICK

Eine Zuschauerin war bei einem Krampuslauf durch einen schmerzhaften Kontakt mit dem Griff einer Rute verletzt worden. Dabei hatte es der Krampus eigentlich auf ein nebenstehendes Mädchen abgesehen, das er an den Haaren packte. Der OGH entschied, dass der Veranstalter keinen Schadenersatz leisten muss. Die verletzte Frau hätte die Gefahr, die von Krampussen und ihrer am Handgelenk baumelnder Rute ausgehe, selbst erkennen und meiden können.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.12.2009)

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