EU-Generalanwalt: Facebook-Sammelklage von Schrems in Österreich unmöglich

Maximilian Schrems
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Michal Bobak sieht derzeit keine Möglichkeit für den Europa-gegen-Facebook-Aktivisten Max Schrems, Ansprüche anderer Facebook-Nutzer, die ihm abgetreten wurden, in Österreich geltend zu machen.

Max Schrems, Datenschutzexperte und Gründer der Initiative „Europa gegen Facebook“, hat einen Rückschlag bei seinem Versuch erlitten, in Österreich gegen die Betreiber des sozialen Netzwerks vorzugehen.  Michal Bobak, Generalanwalt beim Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH), sieht in seinen heute veröffentlichten Schlussanträgen zu einem laufenden Verfahren (C-498/16) keine Möglichkeit für Schrems, in Österreich eine Sammelklage gegen Facebook  zu erheben. Schrems wirft Facebook Verstöße gegen den Datenschutz und gegen die Achtung der Privatsphäre vor. Laut Bobak kann Schrems das aber nur im eigenen Namen als privater Facebook-Nutzer geltend machen.

Verbraucher können ausländische Unternehmen im Inland klagen

Die entscheidende – und vom Obersten Gerichtshof (OGH) an den EuGH gerichtete – Frage ist die nach der Zuständigkeit der österreichischen Gerichte für Klagen gegen ein ausländisches Unternehmen wie Facebook, das seinen Sitz in Irland hat. Als Konsument kann Schrems nach EU-Recht an seinem Wohnort in Wien den „Verbrauchergerichtsstand“ auch gegen Unternehmen im Ausland nutzen. Bobak zufolge kann Schrems aber nicht gleichzeitig mit seinen eigenen Ansprüchen auch gleichgerichtete Ansprüche geltend machen, die ihm von anderen Verbrauchern mit Wohnsitz an einem anderen Ort in Österreich, in anderen EU-Staaten oder in Drittstaaten abgetreten worden seien.

Gesetzgeber müsste Sammelklage einführen

Bobak räumt ein, dass Sammelklagen dem effektiven gerichtlichen Schutz der Verbraucher dienen. Würden sie gut konzipiert und umgesetzt, könnten sie auch für das Justizsystem von Vorteil sein, weil sie eine Fülle von Parallelverfahren unnötig machen könnten. Es ist jedoch nicht Aufgabe des EU-Gerichtshofs, solche Sammelklagen für Verbrauchersachen zu schaffen, sondern obliege gegebenenfalls dem Unionsgesetzgeber, so Bobak.

Die Schlussanträge sind für den EuGH nicht bindend, aber häufig richtungweisend. Bobak hat auch dazu Stellung genommen, ob Schrems durch seine jahrelangen Aktivitäten gegen Facebook den Charakter als Verbraucher verloren hat. Nach Darstellung des OGH verwendet Schrems seit 2010 ein Facebook-Konto unter seinem Namen – in kyrillischen Buchstaben geschrieben – zum privaten Gebrauch wie Fotos hochladen, „posten“ und „chatten“. Er hat ca. 250 „Facebook-Freunde“. Seit 2011 nutzt er darüber hinaus aber auch eine von ihm erstellte Facebook-Seite, die an die Öffentlichkeit gerichtet ist. Diese Seite enthält Informationen über seine Vorträge, seine Teilnahme an Podiumsdiskussionen und seine Medienauftritte, die von ihm verfassten Bücher, seine Spendenaufrufe sowie die von ihm angestrengten Gerichtsverfahren gegen Facebook Ireland. Damit hat Schrems unter anderem die „Safe-Harbour“-Entscheidung der EU-Kommission vor dem EuGH zu Fall gebracht, mit der die Übermittlung bestimmter Daten in Richtung USA für unbedenklich erklärt worden war.

Facebook-Konto von Facebook-Seite zu unterscheiden

Bobak vertritt In seinen Schlussanträgen die Ansicht, dass Tätigkeiten wie Veröffentlichungen, das Halten von Vorträgen, der Betrieb von Websites oder die Sammlung von Spenden zur Durchsetzung von Ansprüchen nicht zum Verlust der Verbrauchereigenschaft in Bezug auf Ansprüche im Zusammenhang mit dem eigenen, für private Zwecke genutzten Facebook-Konto führen. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass Schrems als Betreiber der Facebook-Seite nicht als Verbraucher gelten könnte und sich daher insofern nicht auf den Gerichtsstand in Österreich berufen könnte. Zu all dem wird aber zunächst noch der EuGH und dann der OGH Stellung nehmen müssen.

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