VfGH: Brandstetter bei Bundesgesetzen "anscheinsbefangen"

Wolfgang Brandstetter
Wolfgang Brandstetter(c) Clemens Fabry (Presse)
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Der frühere Justizminister nimmt an keiner Entscheidung über Bundesgesetze teil, sagt die Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs.

Der Wechsel von Ex-Justizminister Wolfgang Brandstetter in den Verfassungsgerichtshof stellt VfGH-Präsidentin Brigitte Bierlein recht häufig vor eine "organisatorische Herausforderung". Denn Brandstetter nimmt die interne Regelung zur Befangenheit sehr ernst - und deshalb an keiner Entscheidung über Bundesgesetze teil, die in seiner Regierungszeit beschlossen wurden, sagte Bierlein in einem Hintergrundgespräch.

Gesetzliche Regelungen zur Befangenheit von Verfassungsrichtern gibt es nicht. Die VfGH-Mitglieder behandeln diese Fragen sehr strikt und von Fall zu Fall. Erklärt sich ein Mitglied für befangen, muss eines der sechs Ersatzmitglieder einberufen werden, damit die 14-köpfige Riege vollständig ist. Immer wieder haben sich Verfassungsrichter wegen des möglichen Anscheins einer Befangenheit aus Fällen herausgenommen - etwa weil sie als Rechtsanwalt einen Klienten in der betreffenden Causa vertreten haben.

"Abkühlphase"

Der Ende Februar 2018 angelobte Brandstetter erklärt sich - als früherer Minister und Vizekanzler - jedes Mal für "anscheinsbefangen", wenn ein Bundesgesetz aus seiner Regierungszeit zu prüfen ist. Das macht zwar nicht den größten Teil der Arbeit des VfGH aus. 2017 gab es 416 Gesetzesprüfungen (ein geringerer Teil davon auch Landesgesetze), aber 4480 Beschwerden gegen gerichtliche Erkenntnisse. Aber die - meist nach eingehender Beratung in den Sessionen - verkündete Aufhebung oder Bestätigung von Gesetzen wird öffentlich wesentlich stärker wahrgenommen als die vielen (und häufig auch in kleiner Besetzung erledigten) Erkenntnisbeschwerden.

Wie lange Brandstetters "Anscheinsbefangenheit" zum Verzicht auf Mitentscheidung führen muss ist nicht geklärt. Die Verfassung sieht für Präsidenten bzw. Vizepräsidenten eine fünfjährige "Abkühlphase" nach bestimmten politischen Funktionen vor. Diese fünf Jahre hat der frühere Flughafen-Chef Christoph Herbst schon lange hinter sich: Er wurde 2011 als Verfassungsrichter angelobt - und beendete damals seine frühere berufliche Tätigkeit. In der jetzigen Session ist er Referent zu dem Antrag, mit dem der Rechnungshof seine - vom Flughafen verweigerte - Prüfkompetenz durchsetzen will.

Referent ist Brandstetter auch, das bedeutet er bereitet Entscheidungen vor - aber nur für Asylsachen und Bereiche, für die die Länder zuständig sind, berichtete Bierlein. Bei Asylsachen nimmt er sich nur aus dem Fall, wenn eine Normenprüfung im Raum steht.

(APA)

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