Unterhalt: Empfänger darf reicher sein

Unterhalt Empfaenger darf reicher
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Auch wenn die geschiedene Frau insgesamt mehr Geld erhält, muss der Exmann zahlen.

Wien/Aich. Der Oberste Gerichtshof (OGH) korrigiert in einem aktuellen Urteil die Vorinstanzen, die einen unterhaltspflichtigen Mann schonen wollten. Rund 1200 Euro Pension erhält der Mann, der vor mehr als drei Jahrzehnten schuldig geschieden wurde. Der Exfrau stehen 40Prozent des Gesamteinkommens beider Ehegatten zu. Im konkreten Fall würde dies bedeuten, dass der Mann monatlich rund 360 Euro an Unterhalt zu leisten hätte. Wenn der Mann diesen Betrag aber zahlt, führt dies dazu, dass die Frau im Endeffekt mehr Geld zur Verfügung hat. Denn sie erhält diverse Sozialleistungen.

„Unbillige Härte verhindern“

Dass der Unterhaltspflichtige aber weniger Einkommen hat als die Geldempfängerin, sei dem österreichischen Recht „wohl eher fremd“, meinte das Bezirksgericht Tulln. Das Landesgericht St. Pölten sah die Sache ähnlich: Auch wenn die (in diesem Fall Wiener) Sozialhilfe grundsätzlich nicht den Unterhaltszahler entlaste, dürfe dies nicht dazu führen, dass der Zahler am Ende ein geringeres Einkommen habe als die Empfängerin. Es gelte, unbillige Härten zu verhindern. Dazu komme, dass die Frau auch nach Erhalt der 360 Euro nicht mehr Geld hätte, weil sich ihre Sozialhilfe verringern würde. Die beiden Instanzen sprachen der Frau somit nur 180 Euro an Unterhalt zu.

Keine Ausnahme bei wenig Geld

Der OGH aber gewährte der Frau die geforderten 360 Euro. Auch wenn es um den „untersten Einkommensbereich“ gehe, komme eine Kürzung des gesetzlichen Unterhalts nicht in Betracht, meinten die Höchstrichter. Die Ansicht der Vorinstanzen finde keine Deckung im Gesetz. Sozialhilfe sei gegenüber einem Unterhaltsanspruch immer subsidiär. Auch dass der Mann durch die Unterhaltszahlung selbst ein Fall für die Sozialhilfe werden könnte, spiele beim Urteil keine Rolle, führte der Gerichtshof aus (1 Ob 231/10t).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.07.2011)

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