Link zu fremden Bildern greift nicht ins Urheberrecht ein

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Ein maschinell generiertes Vorschaubild in einer Suchmaschine, das auf ein Original verweist, lässt das Verbreitungsrecht des Schöpfers unberührt.

Wien. Wer sich in der digitalen Welt rechtlich orientieren will, tut mitunter gut daran, seinen Fall gedanklich in die analoge Welt zu übertragen. So hat es auch der Oberste Gerichtshof gemacht, als er im Streit zwischen einem Berufsfotografen und einer auf die Personensuche spezialisierten Suchmaschine zu entscheiden hatte, ob diese das Urheberrecht verletzt hatte. Der Gerichtshof sagte: Nein, die Suchmaschine und ihr Betreiber haben nicht in die Rechte des Fotografen eingegriffen. Denn sie haben, übertragen auf die reale Welt, den Suchenden bloß auf eine Adresse hingewiesen, unter der er ein körperliches Bild finden kann, und ihn dorthin geführt.

Die Übertragung zwischen den Welten funktioniert nur, wenn man die technischen Gegebenheiten kennt. In diesem Fall hat die in anonymisierter Form www.1*****.at genannte und unschwer als 123people.at erkennbare Suchmaschine Fotos gesuchter Personen zusammengestellt, darunter solche, die der klagende Porträtfotograf erstellt und auf einer eigenen Webseite veröffentlicht hatte. Die von der Suchmaschine gezeigten, eher symbolischen „Vorschaubilder“ waren klein wie Daumennägel (daher englisch „thumbnails“) und auf eine sehr niedrige Auflösung beschränkt. Die Bilder selbst wurden von der Suchmaschine nicht gespeichert, sondern lediglich ihre Adressen im Web (Google funktioniert in dieser Hinsicht anders). Der Fotograf klagte die Suchmaschine dennoch auf Unterlassung, weil er in der Wiedergabe eine Veröffentlichung ohne seine Zustimmung sah.

Tatsächlich gaben das Handelsgericht und das Oberlandesgericht Wien der Klage (teilweise) statt. Anders der OGH in einer aktuellen Entscheidung, die Senatspräsidentin Brigitte Schenk vorige Woche bei einer Veranstaltung im Justizministerium über „IT-Megatrends“ (s. unten)präsentierte. Der OGH wies die Klage in allen Punkten ab.

•Zurverfügungstellung. Wenn eine Suchmaschine einen Dritten in Form eines Links auf rechtmäßig ins Internet gestellte Inhalte verweist, ohne technische Schutzmaßnahmen des Berechtigten zu umgehen, greife sie – ähnlich einem Führer in der realen Welt – nicht ins „Zurverfügungsstellungsrecht“ (§18a Urheberrechtsgesetz) ein, das dem Urheber vorbehalten ist.

•Vervielfältigung. Daneben blieben noch ein paar weitere urheberrechtliche Fragen zu klären. Zum Beispiel das Vervielfältigungsrecht (§ 15 UrhG): Weil die Suchmaschine keine Kopien von physisch auf Speichermedien des Klägers festgehaltenen Originalen angefertigt hat, hat sie auch nicht ins Vervielfältigungsrecht eingegriffen.

•Bearbeitung. Theoretisch könnte die Verkleinerung der Bilder auch als Bearbeitung eines schutzfähigen Originals (§5 UrhG) gesehen werden. Allein: „Daran fehlt es, wenn ein Computer mithilfe eines einmal festgelegten Programms völlig selbstständig und ohne weiteres Zutun millionenfach aufgefundene Bilddateien zu Vorschaubildern konvertiert und damit nicht mehr bloß als Hilfsmittel menschlicher Tätigkeit eingesetzt wird, sondern die Aufgaben eines menschlichen Schöpfers zur Gänze übernimmt“ (4 Ob 105/11m).

•Verwertung. Die so entstandenen reinen „Maschinenschöpfungen“ machten bloß die Originalbilder des Urhebers öffentlich sichtbar, ohne dabei sein Verwertungsrecht (§18a UrhG) zu verletzen.

•Namensnennung. Die Pflicht, den Namen des Fotografen zu nennen, kann laut OGH nur eine Nebenpflicht bei der Ausübung eines Verwertungsrechts sein. Ein solches war nicht berührt, das Namensnennungsrecht nicht verletzt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.10.2011)

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