Aschermittwoch: Strache durfte Fischer beschimpfen

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FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zog am Aschermittwoch über Bundespräsident Heinz Fischer her. Strache dürfte allerdings straffrei bleiben. Denn im Zusammenhang mit politischer Kritik ist vieles erlaubt.

Wien. 100.000 Schilling (7270Euro) Strafe kostete es, als der Salzburger FPÖ-Chef Karl Schnell einst Bundespräsident Thomas Klestil beleidigte. Am Aschermittwoch hatte nun Heinz-Christian Strache das Bedürfnis, unflätig gegenüber dem aktuellen Staatsoberhaupt, Heinz Fischer, zu werden: „Unser Herr Bundespräsident hat offenbar nicht nur die Statur eines Nordkoreaners, sondern auch die Gesinnung eines KP-Funktionärs“, zürnte Strache bei seiner Rede.

Bei Beleidigungen gegen den Bundespräsidenten muss der Staatsanwalt laut dem Strafgesetzbuch sogar von sich aus aktiv werden. Allerdings kann der Präsident auf einen Prozess verzichten. Klestil sprach sich aber im Jahr 2000 für eine Verurteilung Schnells aus. Er hatte erklärt, „Lump“ sei noch eine viel zu harmlose Bezeichnung für den Bundespräsidenten.

Muss Strache zittern? Nein, meint der auf Beleidigungen spezialisierte Anwalt Peter Zöchbauer im Gespräch mit der „Presse“. Wenn es ein bisschen „Sachsubstrat“ gebe, sei Straches Äußerung „eine noch zulässige Kritik“. Sachsubstrat liegt vor, wenn es einen politischen Zusammenhang gibt.

Bezug zur Orden-Affäre

Dies war hier wohl der Fall, zumal sich Strache darüber echauffiert hat, dass ihm Fischer einen Orden verweigert. Wären die Worte Straches aber losgelöst von politischer Kritik gefallen, läge eine strafbare Beleidigung vor, betont Experte Zöchbauer. Karl Schnell sei einst zum Verhängnis geworden, dass er seine Äußerungen ohne ausreichende politische Begründung getätigt habe, sagt der Anwalt. Die Gerichte seien zudem in den vergangenen Jahren liberaler geworden und würden viele Äußerungen durchgehen lassen.

Eine Kehrtwende stellte in der Rechtsprechung aber bereits der Fall Jörg Haiders in den 1990er- Jahren dar. Ein Journalist hatte Haider als „Trottel“ bezeichnet. Die österreichischen Gerichte verurteilten den Journalisten deswegen strafrechtlich. Zu Unrecht, wie später der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte befand. Denn der Journalist habe nur auf eine provokante Rede Haiders beim Ulrichsberg-Treffen reagiert – und in diesem Zusammenhang sei es zulässig, Haider als „Trottel“ zu bezeichnen.

Die Staatsanwaltschaft Wien wollte den aktuellen Strache-Sager am Donnerstag noch nicht juristisch einstufen. Aber Strache teilt nicht nur aus, er muss auch selbst einiges einstecken. So meinte der Oberste Gerichtshof vor einigen Jahren, dass es im Zusammenhang mit politischer Kritik zulässig sein könne, Strache als „Arsch mit Ohren“ zu karikieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.02.2012)

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