Gutachten: Genderspezifischer Mediziner-Test rechtswidrig

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Laut einem aktuellen Gutachten ist die genderspezifische Auswertung des Aufnahmetests für das Medizinstudium rechtswidrig. Die Med-Uni Wien will diese im Juli zum ersten Mal zur Anwendung bringen.

Laut einem Gutachten des Juristen Joseph Marko von der Universität Graz ist die genderspezifische Auswertung des EMS-Tests rechtswidrig. Der Test ist Grundlage für die Zulassung zum Medizinstudium. Wie DiePresse.com berichtete, hatte die Uni Wien angekündigt, den Aufnahmetest mit einem adaptierten Bewertungsschlüssel durchzuführen und so eine nachteilige Bewertung von Frauen auszugleichen. Konkret sieht das neue Prozedere vor, aus den beim Test erzielten Punkten einen Mittelwert für Frauen und für Männer zu errechnen. Anhand dieses Mittelwerts sollen die Ergebnisse angepasst werden. Vereinfacht gesagt: Jene Gruppe, die im Schnitt schlechter ist, wird besser beurteilt.

Das Gutachten, das von der ÖH der Med-Uni Wien in Auftrag gegeben wurde und der "Presse" vorliegt, besagt nun, dass diese Art der genderspezifischen Auswertung rechtlich nicht möglich sei. Denn: Marko kommt darin zu dem Schluss, dass die Regelung als "umgekehrte und und indirekte Diskriminierung" rechtswidrig sei.

Die ÖH der Medizin-Uni Wien fordert deshalb nun die Rücknahme der neuen Regelung und eine Rückkehr zur bisherigen Auswertung des EMS-Tests. Zudem möchte man künftig in die Entwicklung einer neuen Regelung eingebunden werden. "Frauenförderung ist für die ÖH Medizin Wien ein wesentliches Thema. Diese gehört weiter forciert, muss sich jedoch in rechtlich abgesichertem Rahmen bewegen und keine Diskriminierung von Männern darstellen", sagt Philipp Wimmer (ÖMU), von der ÖH der Med-Uni Wien zur "Presse". Das Problem der ungleichen Chancen für Männer und Frauen müsste indes schon in der Schule angegangen werden.

"Umgekehrte, indirekte Diskriminierung"

Die Begründung im Gutachten von Joseph Marko im Wortlaut: "Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass die gemäß § 10 Abs 1 ZulassungsVO der MUW vorgesehene „genderspezifische“ Ermittlung des Testwerts durch geschlechtergetrennte Standardisierungen und die darauf abgestimmte Rangfolge der Zulassung zugunsten von weiblichen Bewerberinnen zwar das verfassungs- wie europarechtlich legitime Ziel des Ausgleichs einer objektiven Benachteiligung verfolgt, aber im Sinne des auch vom österreichischen Verfassungsgerichtshofs angewendeten Prüfungsmaßtabes des Proportionalitätsprinzips und im Lichte der ständigen Rechtsprechung des EuGH nicht als „angemessen“ zu beurteilen ist und somit als umgekehrte, indirekte Diskriminierung rechtswidrig wäre.

Verfassungsjurist: "Rechtlich gangbarer Weg"

Verfassungsjurist Bern-Christian Funk hatte im Gespräch mit DiePresse.com Anfang März allerdings erklärt, dass er das Prozedere für einen "rechtlich gangbaren Weg" hält, zumal klar sei, dass Frauen in den vergangenen Jahren im Nachteil gewesen seien. Mehr noch: "Wenn eine undifferenzierte Gleichbehandlung aller im Ergebnis zu einer Diskriminierung führt, scheinen Strategien der Differenzierung rechtlich nicht nur zulässig, sondern sogar geboten".

In Anbetracht der unterschiedlichen Rechtsmeinungen bleibt nun abzuwarten, ob die Med-Uni Wien den EMS-Test Anfang Juli, nun tatsächlich nach dem neuen Modell durchführen wird.

(thea)

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