Arbeit statt Freiheitsstrafe bei Finanzdelikt

Arbeit statt Freiheitsstrafe Finanzdelikt
Arbeit statt Freiheitsstrafe Finanzdelikt(c) Clemens Fabry
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VfGH entscheidet, dass eine Schmugglerin gemeinnützige Tätigkeiten leisten darf.

Wien/Aich. Gibt es auch bei Finanzstrafvergehen die Möglichkeit, durch gemeinnützige Arbeit Buße zu tun? Diese Frage musste der Verfassungsgerichtshof (VfGH) erstmals klären. Zuvor hatten die Behörden der Frau diese Möglichkeit verweigert.

Die Bulgarin war wegen gewerbsmäßigen Schmuggels sowie wegen „vorsätzlicher Monopolhehlerei“ zu einer Geldstrafe von 20.000 Euro verurteilt worden. Da die Frau nur Notstandshilfe bezieht, konnte sie die Strafe nicht zahlen. In diesem Fall wäre eine Ersatzfreiheitsstrafe von fünf Wochen schlagend geworden. Das versuchte die Frau abzuwenden, indem sie anbot, stattdessen gemeinnützige Arbeiten zu leisten.

Gesetz nur für Strafurteile

Sowohl beim Zollamt Graz als auch beim Unabhängigen Finanzsenat als zweiter Instanz stieß die Bulgarin auf taube Ohren: Die Behörden erklärten, dass das Strafvollzugsgesetz es nicht vorsehe, dass man sich durch gemeinnützige Arbeiten eine Freiheitsstrafe nach Finanzstrafvergehen erspare. Die Norm nehme nämlich nur auf Urteile von Strafgerichten Bezug. Für verwaltungsbehördliche Finanzstrafverfahren gebe es schließlich eigene Bestimmungen im Finanzstrafgesetz.

Der VfGH widersprach: Es sei kein sachlicher Grund ersichtlich, warum das Finanzstrafgesetz völlig die Regeln des Strafvollzugsgesetzes verdrängen sollte. Dies würde zu unsachlichen Ergebnissen führen, zumal man sich dann zwar nach einem Finanzdelikt Haftstrafen bis zu neun Monaten, die von einem Strafgericht verhängt wurden, durch Arbeit ersparen könnte – aber nicht die maximal dreimonatigen Haftstrafen, die eine Behörde verhängen kann. Deswegen müsse man die Gesetze so interpretieren, dass es auch bei Finanzstrafvergehen die Möglichkeit der gemeinnützigen Arbeit gebe. (B 1070/11-10)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.11.2012)

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