Transparenz genügt gegen Gier der Manager

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Die Schweizer Abzocker-Initiative und EU-Bonusbeschränkungen treiben auch die Debatten in Österreich über die Entlohnung von Managern voran. Eine gesetzliche Beschränkung erscheint ungeeignet.

Wien. Das Schweizer Volk hat kürzlich die „Abzocker-Initiative“ gebilligt und die Verfassung geändert. In Zukunft werden die Aktionäre aller börsenotierter Gesellschaften jährlich über die insgesamt zu zahlenden Vergütungen der Manager abstimmen; das Abstimmungsergebnis ist bindend. Abgangsentschädigungen, Gehaltsvorauszahlungen, Sonderprämien und Beratungs- oder Arbeitsverträge mit Konzerngesellschaften werden verboten. Der Verwaltungsrat kann mit den Managern daher nur mehr einjährige Vergütungsvereinbarungen schließen. Eine neue Initiative will Spitzengehälter auf das Zwölffache des niedrigsten Lohnes im Unternehmen beschränken. In Österreich startet die Diskussion.

Die EU widmet sich schon seit 2009 (Eigenkapitalrichtlinie CRD III/Basel II) der Vergütung von Bankmanagern („Banker-Boni“). Die EU-Richtlinien sind in Österreich im Bankwesengesetz umgesetzt und der präventiven Kontrolle der Finanzmarktaufsicht (FMA) unterworfen. Das Gesetz enthält inhaltliche Beschränkungen für variable Vergütungen, etabliert einen Vergütungsausschuss und nimmt den Aufsichtsrat in die Pflicht. Zudem hat die FMA ein Rundschreiben für Vergütungen im Vertrieb zur Vermeidung von Interessenkonflikten herausgegeben.

Nun folgt trotz des Widerstands aus London mit CRD IV/Basel III der nächste verschärfende Schritt. Anders als in der Schweiz werden auf EU-Ebene zusätzliche Schranken eingeführt: Die erfolgsabhängige Vergütung darf grundsätzlich nicht mehr als das Fixgehalt betragen; nur mit Zustimmung der Hauptversammlung darf das Doppelte gewährt werden. Dadurch soll die Risikobereitschaft der Bankmanager gebremst werden, denn die anreizverzerrende und risikostimulierende Vergütungsstruktur gilt als wichtige Ursache der Finanzkrise.

Die EU geht nun wie die Schweiz weiter: Branchenunabhängig will die EU-Kommission in ihrem neuen gesellschaftsrechtlichen Aktionsplan noch für 2013 eine Transparenzinitiative auch zu den individuellen Managervergütungen starten. Weiters sollen die Aktionäre jedenfalls über die Entgeltpolitik und einen Vergütungsbericht abstimmen („say on pay“). Ähnliches plant die deutsche Bundesregierung. Werden diese Beschlüsse bindend sein oder – wie im Vereinigten Königreich – nur Empfehlungscharakter haben? Soll der Beschluss nur die Grundsätze der Vergütungspolitik betreffen oder wie in der Schweiz auch die Höhe determinieren?

Vier verschiedene Strategien gegen exzessive Vergütungen sind im Gespräch:

•Generelles Verbot. Zunächst können nach Schweizer Vorbild bestimmte Gehaltsbestandteile (wie Prämien für Transaktionen) generell verboten werden. Aber warum z.B. Prämien beim Verkauf von Unternehmensbestandteilen unabhängig von den Besonderheiten des Einzelfalls unangemessen sein sollen, verstehen wir nicht.

•Begrenzung nach oben. Die Höhe der Entlohnung kann begrenzt werden, was in einer Marktwirtschaft wegen des Eingriffs in die Selbstbestimmung der Beteiligten (Dienstnehmer und Dienstgeber) der letzte Ausweg sein sollte. Bereits derzeit sind die Lage der Gesellschaft und die Nachhaltigkeit für die Gehaltsfestlegung für Manager zu berücksichtigen. Eine aufgehende Schere zwischen den Einkommen für Arbeitnehmer und jenen für Vorstände ist zweifellos sozial gefährlich. Wir glauben freilich nicht, dass man einer solchen Entwicklung durch inhaltliche Vorgaben wirksam entgegenwirken kann – die diskutierten Vorschriften blicken zu sehr auf Details und laden zu Umgehungen geradezu ein. Das begrenzt letztlich auch die Wirksamkeit der jüngsten EU-Vorschläge zur Verringerung der Risikobereitschaft von Bankern.

•Entscheidung durch Gesellschafter. Ergänzend kann die Zuständigkeit für die Entlohnung vom Aufsichtsrat hin zu den Gesellschaftern verlagert werden. Die Entscheidungsbefugnis wird jenen überantwortet, die die wirtschaftlichen Folgen tragen. Soll diese unternehmerische Entscheidung aber wirklich – nicht fachkundigen – Kleinaktionären übertragen werden? Institutionelle Anleger (Fonds) stimmen eher für hohe Gehälter. Die englischen Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, dass damit der Spirale der Gehaltssteigerungen nicht Einhalt geboten werden kann. Die (in Österreich ohnehin dominierenden) Großaktionäre haben auch abseits einer formellen Entscheidungskompetenz Möglichkeiten, ihre Vorstellungen über die richtige Managervergütung gegenüber dem Aufsichtsrat und Vorstand durchzusetzen. Insgesamt spricht wohl viel dafür, die Hauptversammlung allenfalls zu Grundzügen der Vergütung, nicht aber zu konkreten Summen zu befragen.

•Transparenz. Letztlich geht es vor allem um Transparenz auch bei der individuellen Vergütung. Reicht dafür die aktuelle österreichische Regelung über die Offenlegung der individuellen Gesamtvergütung des einzelnen Managers im Corporate-Governance-Bericht, die 2013 erstmals greift?

Was ist von dieser Entwicklung hin zu mehr rechtlichen Regelungen zu halten?

Dem Vernehmen wälzen die Organe die Verantwortung für die unternehmerische Entscheidung über die Höhe der Entlohnung angesichts dieser Entwicklung zunehmend auf Vergütungsberater ab, die das Problem nicht aus dem Blickwinkel der Angemessenheit, sondern der Gesetzeskonformität betrachten. Mit der Verrechtlichung dieser Frage geht die „Beraterisierung“ einher!

Aufgabe des Gesetzes muss es sein, Exzesse zu verhindern, nicht aber den richtigen Lohn rechtlich zu determinieren. Dafür sind inhaltliche Regelungen nur begrenzt geeignet, denn sie schießen oft übers Ziel. Wichtiger ist Transparenz, die – bei sachgerechter Anwendung – auch ausreicht: Denn am wirksamsten sind die kritische Diskussion in der Hauptversammlung und der öffentliche Aufschrei (Rückzahlung exzessiver Boni) außerhalb der schlichten Neidgenossenschaft. Dafür ist eine einfache, hoch zugängliche und nachvollziehbare Offenlegung Voraussetzung; über die Gesamtbeträge für einzelne Vorstände hinaus sollen ihr Abstand zur 2./ 3.Ebene und die jährliche Steigerung offengelegt werden. Die österreichischen Gesellschaften sollten diese Chance sachgerechter, angemessener Information nützen und nicht als „wenig entscheidungsnützlich“ abtun.

Univ.-Prof. Susanne Kalss lehrt am Institut für Zivil- und Unternehmensrecht der WU Wien, Univ.-Prof. Martin Winner ist Vorstand der Abteilung Informations- und Immaterialgüterrecht der WU Wien und Vorsitzender der Übernahmekommission.

Auf einen Blick

Die Verrechtlichung der Vergütung von Managern leidet nicht nur unter dem Problem, dass sich der richtige Lohn kaum rechtlich fassen lässt. Die Verantwortung für die unternehmerische Entscheidung über die Höhe der Entlohnung droht auch auf Vergütungsberater abgewälzt zu werden, die das Problem nicht aus dem Blickwinkel der Angemessenheit, sondern der Gesetzeskonformität betrachten. Die Verrechtlichung führt zur „Beraterisierung“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.03.2013)

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