Grunderwerbsteuer: Der erste Fixstarter für Reform nach Wahl

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Aufhebung der Bemessung am Einheitswert durch VfGH per Ende Mai 2014 zwingt zum Handeln. Folgen für Grundsteuer nicht ausgeschlossen.

Wien. Vor der Wahl versprechen alle Parlamentsparteien die eine oder andere Steuersenkung. „Weniger, einfacher, leistungsgerechter und familienfreundlicher“, lautet etwa das Steuermotto der ÖVP, die SPÖ will die Steuern auf Arbeitseinkommen senken und im Gegenzug Millionärssteuern einheben. Auch die Oppositionsparteien wollen durchwegs zumindest die kleinsten Einkommen entlasten. Seit bekannt geworden ist, dass die Kärntner Hypo die Republik in Summe bis zu 11,7 Milliarden Euro kosten kann, verlieren die Versprechen aber an Glaubwürdigkeit. Drohen nach der Wahl also eher Steuererhöhungen?

Das hängt naturgemäß vor allem davon ab, welche Parteien in welchem Kräfteverhältnis die neue Koalition bilden werden. Bloß bei einer Steuer steht schon heute fest, dass sie – von wem auch immer – reformiert werden muss: bei der Grunderwerbsteuer (bei nahen Angehörigen 2%, sonst 3,5%). Denn der Verfassungsgerichtshof hat die derzeit gültige Bemessung im Fall der Schenkung und Erbschaft am dreifachen Einheitswert als verfassungswidrig aufgehoben, und zwar mit Wirkung ab 31. Mai 2014. Begründung: Die veralteten und oft viel zu niedrigen Einheitswerte bilden, ob verdreifacht oder nicht, die realen Verhältnisse der unterschiedlichen Grundstücke nicht mehr richtig ab.

Automatisch höhere Steuer

Wenn bis Ende Mai nichts geschieht, müssten alle Grundstücksübertragungen anhand des – höheren – Verkehrswerts besteuert werden. Dazu müssten nicht nur von Fall zu Fall Gutachten erstellt und bezahlt werden. Es brächte für Erben und Beschenkte auch eine deutliche Steuererhöhung, wenn auch eine, mit der allein das Budget nicht zu retten sein wird: Wie die Regierung im Verfahren vor dem VfGH ausführte, betrug im Jahr 2010 das gesamte Grunderwerbsteueraufkommen 727 Millionen Euro; davon waren 182 Millionen Euro auf eine Bemessung auf Basis von Einheitswerten zurückzuführen. Der Mehrerlös würde sich daher vermutlich im dreistelligen Millionenbereich bewegen.

Das Finanzministerium arbeitet jedenfalls bereits an einer Nachfolgeregelung; wie diese aussehen könnte, will es aber vorerst nicht sagen. Hermann Peyerl, Assistenzprofessor an der Boku in Wien und Experte für Steuerrecht, plädiert für die Weiterentwicklung eines standardisierten Bewertungsverfahrens, damit auch bei Grundstückstransaktionen ohne Kaufpreis keine teuren Gutachten erstellt zu werden brauchen. Für land- und forstwirtschaftlich genutzten Boden ist bereits eine moderate Neufestsetzung im Gang: Mit 1. Jänner 2014 werden die Einheitswerte in neu berechneter Form und moderat erhöht festgesetzt – die Rede ist von maximal zehn Prozent.

Peyerl schlägt vor, statt historisch überlieferte Werte fortzuschreiben künftig Mietpreise statistisch zu erheben und – abhängig von Nutzung und Lage – realistischere Basiswerte für die Steuerbemessung zu bestimmen. Auch Daten aus dem Gebäude- und Wohnungsregister könnten verwendet werden. Die tatsächliche Besteuerung müsste sich dann aus dem Zusammenspiel von Bemessungsgrundlage, Steuersatz und gesetzlichen Ausnahmen und Begünstigungen ergeben.

An den alten Einheitswerten knüpfen auch andere Abgaben an, nicht zuletzt die Grundsteuer. Sie beruht auf einer komplizierten Berechnung und beträgt etwa ein Prozent des Einheitswerts. Bezogen auf den Verkehrswert kann sie sich sogar nur im Hundertstelprozentbereich bewegen. Das Gesamtaufkommen im Jahr 2010 betrug 609 Millionen Euro. Auch wenn Österreich ein Hochsteuerland ist, bleibt es mit der Besteuerung von Grund und Boden hinter den meisten anderen Ländern zurück. Selbst Experten, die vor jeglicher weiteren Steuererhöhung eine Senkung der Ausgaben fordern, sehen an dieser Stelle am ehesten eine Möglichkeit des Fiskus zuzugreifen. „Wenn eine Steuererhöhung nötig ist, würde ich mir wünschen, dass man sich der Grundsteuer bedient“, sagt etwa der renommierte Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Günther Hackl.

Grundsteuer als Minenfeld

Er begibt sich damit auf ein politisches Minenfeld. SPÖ wie ÖVP hätten mit einer Erhöhung ihre Schwierigkeiten. Die Sozialdemokraten, traditionell Fürsprecher der Wohnungsmieter, stört, dass die Grundsteuer nach geltendem Recht über die Betriebskostenabrechnung auf die Mieter abgewälzt wird. In Zinshäusern zahlen also die Bewohner die Steuer – auch in jenen des größten Vermieters Österreichs, der Gemeinde Wien. Nicht von ungefähr drängt die Mietervereinigung darauf, die Grundsteuer aus dem Katalog der Betriebskosten zu streichen.

Doch auch Grundeigentümer – vom Eigenheimbesitzer über die Land- und Forstwirte bis zu anderen Unternehmern – hätten mit einer höheren Grundsteuer keine Freude. So hat der Fachverband für Hotellerie erst vorige Woche unter anderem vor einer Erhöhung der Grundsteuer gewarnt.

Auf einen Blick

Der Verfassungsgerichtshof hat wiederholt die Bemessung von Steuern auf Basis der veralteten Einheitswerte für Grundstücke aufgehoben. Die Aufhebung dieser Werte als Berechnungsbasis für die Grunderwerbsteuer z. B. bei Erbschaften und Schenkungen tritt Ende Mai 2014 in Kraft. Reagiert der Gesetzgeber bis dahin nicht, müsste in diesen Fällen automatisch der – höhere – Verkehrswert besteuert werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.09.2013)

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