Das Oberlandesgericht wartet bei der Klärung der Frage, ob der Betriebsübergang rechtens ist, auf die EU-Richter. Die Antwort ist für die AUA essenziell.
Wien. Es war der Knalleffekt schlechthin und die Überraschung stand dem AUA-Management ins Gesicht geschrieben: Am 2. September des Vorjahres hat das Arbeits- und Sozialgericht in erster Instanz den Betriebsübergang der AUA auf die Regionaltochter Tyrolean als nicht rechtens erklärt. Eine endgültige Antwort auf die Frage, ob diese vom Bordbetriebsrat und der Gewerkschaft vehement bekämpfte Maßnahme, mit der der für die AUA äußerst teure Bord-Kollektivvertrag ausgehebelt worden ist, doch rechtsgültig ist, wird wahrscheinlich aber erst im nächsten Jahr kommen.
Denn das Oberlandesgericht Wien (OLG) hat nun entschieden, die Untersuchung in zweiter Instanz zu unterbrechen und zunächst auf die Beurteilung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zu warten („Die Presse“ berichtete exklusiv in einem Teil der Dienstagausgabe).
Der EuGH ist schon auf Antrag des Obersten Gerichtshofs (OGH) bei der – parallel zum Betriebsübergang laufenden – zweiten Rechtssache tätig. Die Gewerkschaft hat nämlich beim OGH einen Feststellungsantrag eingebracht, ob der vom AUA-Management aufgekündigte Bord-KV auf die vom Betriebsübergang betroffenen Mitarbeiter „nachwirkt“. Was bedeuten würde, dass deren alte Ansprüche (unter anderem bis zu 39 Monate Abfertigung für altgediente Piloten) weiter bestünden. Der OGH hatte die Causa im Juni an den EuGH weitergereicht.
Mit der nunmehrigen Entscheidung des OLG sind die europäischen Richter in beiden Rechtsfällen am Wort. Ihr Spruch ist für die Zukunft der AUA von essenzieller Bedeutung, zumal der OGH und das OLG, die danach ein Urteil fällen müssen, normalerweise immer dem EuGH folgen.
Der Betriebsübergang – konkret geht es um die Bündelung des gesamten Flugbetriebs von AUA und Tyrolean – war der spektakulärste Schritt zur Sanierung der hochdefizitären Fluggesellschaft. AUA-Chef Jaan Albrecht hatte wiederholt klargemacht, dass es dazu keinen Plan B gebe. Müssten diese und andere Maßnahmen zur erheblichen Kostenreduktion rückgängig gemacht werden, hätte die AUA ein „ernsthaftes Problem“. Anfang 2012, als Albrecht den radikalen Sanierungskurs vorgab, stand die AUA vor der Pleite und erhielt von ihrer Mutter Lufthansa eine Geldspitze von 140 Mio. Euro.
Neuer KV beendet Rechtsstreit
Es gibt aber eine Möglichkeit, die Ungewissheit über den Ausgang des Rechtsstreit zu beenden – wenn sich Management und Arbeitnehmervertreter auf einen neuen Bord-KV einigen. Umso mehr drängen nun beide Seiten darauf, die bereits laufenden Gespräche intensiv fortzusetzen. Erstmals wurde bei AUA-KV-Verhandlungen auch ein Mediator eingesetzt.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.01.2014)