Eigenkapital negativ, Prognose positiv: Ausweg aus der Krise

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Pleitegefahr. Fortbestandsprognose kann insolvenzrechtliche Überschuldung vermeiden.

Wien. Geschäftsführer von mittelständischen Kapitalgesellschaften reagieren meist mit Unverständnis darauf, was sie im Fall der Krise des Unternehmens schriftlich festhalten müssen. Wenn das Eigenkapital einer Kapitalgesellschaft (z.B. GmbH, AG, aber auch GmbH & Co KG etc.) nämlich durch Verluste aufgebraucht, und damit negativ geworden ist, muss §225 Abs1 UGB zufolge der Geschäftsführer im Anhang, als Bestandteil des Jahresabschlusses, erläutern, ob eine Überschuldung im Sinn des Insolvenzrechts vorliegt.

Eine Kapitalgesellschaft ist nämlich nicht nur bei Zahlungsunfähigkeit, sondern auch bei einer Überschuldung insolvent. Bei negativem Eigenkapital hat der Geschäftsführer daher „in sich zu gehen“, und im Jahresabschluss darzulegen, weshalb die im Jahresabschluss ausgewiesene buchmäßige Überschuldung nicht auch gleichzeitig eine insolvenzrechtliche Überschuldung darstellt, die eine sofortige Insolvenzanmeldung notwendig machen würde.

Risken für den Geschäftsführer

Unterlassene Insolvenzanträge bergen für den Geschäftsführer die Gefahr von erheblichen Haftungsrisken im Zivil- und Gesellschaftsrecht, können aber überdies auch noch zu unangenehmen strafrechtlichen Konsequenzen (z. B. Kridadelikte) führen. Auch das Delikt der Bilanzfälschung kann hier zum Thema werden: Erkennt der Geschäftsführer die insolvenzrechtliche Überschuldung seiner Gesellschaft, müssten die Vermögenswerte und Schulden mit den Zerschlagungswerten und nicht mehr mit den Buchwerten bilanziert werden. Die Bilanz zu Buchwerten wäre in diesen Fall wohl jedenfalls unrichtig.

Diese latenten Rechtsrisken haben auch unter den Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern, die immer mehr ins Schussfeld der Gerichte geraten, zu einer größeren Sensibilität bei negativem Eigenkapital von Kapitalgesellschafen geführt.

Darlehen nachrangig stellen

Was kann der Geschäftsführer tun, wenn die Gesellschafter kein frisches Eigenkapital einschießen wollen? Relativ einfach ist es für den Geschäftsführer noch, wenn z.B. das Mutterunternehmen die Kapitalgesellschaft mit Darlehen finanziert hat und diese Darlehen nun nachrangig gestellt werden. Das bedeutet, dass eine Befriedigung dieses Gläubigers im Liquidationsfall erst nach allen anderen Gläubigern erfolgt bzw. die Befriedigung dieses Gläubigers bei Fortbetrieb erst nach Beseitigung des negativen Eigenkapitals erfolgen muss und dass wegen dieser Verbindlichkeiten kein Insolvenzverfahren eröffnet zu werden braucht.

Mit einer solchen Nachrangigkeitserklärung bleibt zwar die buchmäßige Überschuldung bestehen, in insolvenzrechtlicher Betrachtungsweise bleiben diese Schulden aber außer Ansatz. Übersteigen daher die nachrangigen Schulden gegenüber der Muttergesellschaft das negative Eigenkapital, liegt keine insolvenzrechtliche Überschuldung vor. Auch ein kompletter Schuldennachlass wäre zur Vermeidung von negativem Eigenkapital denkbar.

Ähnlich verhält es sich bei so genannten harten Patronatserklärungen von Konzerngesellschaften. Wenn eine (Mutter-)Gesellschaft im Rahmen einer schriftlichen Patronatserklärung verbindlich zusichert, dafür Sorge zu tragen, dass die (Tochter-)Gesellschaft ihren finanziellen Verpflichtungen jederzeit nachkommen kann, liegt auch in diesem Fall keine insolvenzrechtliche Überschuldung vor. Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die patronatserklärende Gesellschaft über ausreichend finanzielle Mittel verfügt, die Schulden der Gesellschaft auch tatsächlich befriedigen zu können.

Liegen keine nachrangigen Schulden vor und ist auch keine Patronatserkärung eines Gesellschafters in Sicht, muss der Geschäftsführer eine sogenannte Fortbestandsprognose erstellen.

Mit einer positiven Fortbestandsprognose kann trotz rechnerischer, buchmäßiger Überschuldung eine insolvenzrechtliche Überschuldung vermieden werden. Die Fortbestandsprognose hat im Ergebnis eine begründete Aussage darüber zu treffen, ob das Unternehmen in Zukunft mit überwiegender Wahrscheinlichkeit seine geschäftlichen Aktivitäten unter Einhaltung seiner Zahlungsverpflichtungen fortführen kann.

Es sind dazu eine Primärprognose und eine Sekundärprognose zu erstellen. Die Primärprognose soll die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens der nächsten sechs bis zwölf Monate anhand eines kurzfristigen Finanzplans dokumentieren.

Die Sekundärprognose muss für einen längeren Zeitraum erstellt werden (drei Jahre) und umfasst Plan-Gewinn-/Verlustrechnungen, Planbilanzen und eine Plan-Cashflow-Rechnung. Aus diesem Zahlenwerk und einer ausführlichen verbalen Begründung sollte sich die nachhaltige Trendumkehr („Turn around“) des Unternehmens ergeben.

Für die Erstellung einer Fortbestandsprognose hat sich der Geschäftsführer sehr intensiv mit der Zukunft des Unternehmens zu befassen. Nur dann, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit mit dem Weiterbestand des Unternehmens gerechnet werden kann, ist die Verneinung der insolvenzrechtlichen Überschuldung im Rahmen der Anhangsangabe gem. § 225 Abs 1 UGB einem sorgfältigen Geschäftsführer zu empfehlen.

Mag. David Gloser, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, ist Partner bei

Ecovis Austria Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.02.2014)

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