Korruption: „Keiner kennt sich aus“

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Das neue Korruptionsstrafrecht macht Unternehmen immer noch zu schaffen. Vor allem bei Tätigkeiten in Ländern mit anderer Rechtslage wird es verwirrend.

Wien. „Ich glaube wirklich nicht, dass Korruption in der Oper passiert“, sagte Staatsopern-Direktor Dominique Meyer kürzlich zur „Presse“. Es ging dabei um die Frage, ob die schärferen Regeln zur Korruptionsbekämpfung dem Haus am Ring schaden, weil sich viele Unternehmen nicht mehr trauen, illustre Gäste zu Veranstaltungen einzuladen, und immer mehr VIPs Einladungen ablehnen.
Dem Opernball sollte das aber keine Probleme bereiten – und auch jenen Unternehmen nicht, die an diesem Abend prominente Gäste in ihre Loge bitten. Das ist laut Rechtsexperten weiterhin unverfänglich, weil man damit ja niemanden „anfüttern“ will. Sondern es wegen des Werbeeffektes tut, den VIPs dem Einladenden bieten.

Mechaniker als „Amtsträger“

Heikler wäre es, wenn man einem Amtsträger Karten für ein Event schenkt, an dem man selbst gar nicht teilnimmt. Noch mehr Fallen lauern im Alltag – und besonders beim Umgang mit Leuten, die keine Stars sind. Denn der Amtsträgerbegriff ist weit gefasst: Das beginnt beim Mechaniker, der die Pickerl-Überprüfung fürs Auto macht. Ihm ein Trinkgeld in die Hand zu drücken, ist genau genommen schon verfänglich. Seit dem berüchtigten „Müllmann-Fall“ (drei Müllmänner und zwei Gärtner wurden wegen Amtsmissbrauchs verurteilt – Erstere hatten zu viel Abfall mitgenommen und Zweitere sie darum gebeten) weiß man ja, dass sogar eine Einladung zum Kaffee verhängnisvoll werden kann. Umso mehr dann ein Trinkgeld für jemanden in „amtlicher“ Funktion.

Auch auf die 100-Euro-Grenze sollte man nicht bauen: Sie steht nicht im Gesetz, die Rede ist dort nur von geringwertigen „orts- oder landesüblichen Aufmerksamkeiten“. Und dazu gehört Bares nicht.
Zumindest hierzulande nicht. Was gleich zum nächsten heiklen Thema führt: Was gilt, wenn man als österreichischer Staatsbürger im Ausland lebt und arbeitet? Genügt es dann, wenn man sich an die dort geltenden Regeln hält? Nicht unbedingt: Was in Österreich unter das Korruptionsstrafrecht fällt, dürfen Österreicher auch im Ausland nicht tun – selbst dann nicht, wenn es dort erlaubt ist. Rechtsanwalt Martin Eckel, Partner bei Taylor Wessing enwc, nennt ein Beispiel: „In der Slowakei gibt es den Tatbestand des Anfütterns nicht. Wenn aber ein Österreicher dort Handlungen setzt, die diesen Tatbestand erfüllen, macht er sich nach österreichischem Recht strafbar.“

Man muss sich also, wenn man im Ausland arbeitet, an die österreichische Rechtsordnung und an die des Gastlandes halten. Dazu sollte man die dortigen Gepflogenheiten kennen, nach denen sich richtet, was noch als „ortsübliche Aufmerksamkeit“ durchgeht. Eckels Fazit: „Keiner kennt sich aus.“ Entsprechend regen Zulauf haben Info-Veranstaltungen zum Thema. Bei jener, die Taylor Wessing vor einer Woche über „Compliance im CEE-Raum“ abhielt, fanden sich mehr als 130 Teilnehmer ein.

„Die Botschaft fragen“

Wobei der Begriff „CEE-Raum“ so gar nicht stimmt: Die Regeln sind von Land zu Land, die Gepflogenheiten oft sogar regional unterschiedlich. Was tut man etwa, wenn einem ein Geschäftspartner von einem Brauch im Land X erzählt, an einem bestimmten Tag Geld zu schenken? „Bei der Botschaft nachfragen“, rät Eckel. Und sich, wenn diese das bestätigt, auch noch den Sanktus von der eigenen Geschäftsleitung oder Compliance-Stelle holen. Zumindest Vorsatz sollte einem dann nicht mehr vorgeworfen werden können.

Unternehmensinterne Compliance-Regeln sind oft noch strenger als die Gesetze. Man sollte sich auch nie darauf verlassen, dass daheim niemand erfährt, was man im Ausland tut – vor allem, wenn auch heimische Konkurrenten auf demselben Markt tätig sind. Anzeigen sind bekanntlich auch anonym möglich, das Hinweisgebersystem der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wird gut angenommen. Obwohl es erst knapp ein Jahr in Betrieb ist, langten dort schon mehr als 1200 Hinweise auf Verfehlungen ein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.02.2014)

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