761,98 statt 19 Euro: Roaming-Schock für einen Vorarlberger

A Vodafone device connected to a laptop and an internet page with logo from Ono and Vodafone, is seen at an office in Barcelona
A Vodafone device connected to a laptop and an internet page with logo from Ono and Vodafone, is seen at an office in BarcelonaREUTERS
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Der Oberste Gerichtshof lässt in seinem ersten Urteil über eine „Schockrechnung“ einen Internet-Nutzer gegen den Netzbetreiber abblitzen.

Wien. Selbst schuld: Das gab der Oberste Gerichtshof einem Vorarlberger zu verstehen, der sich mit einem mobilen Internetzugang von zu Hause aus unabsichtlich in ein Schweizer Funknetz eingewählt hatte. Die digitale Grenzüberschreitung kam ihn teuer zu stehen: Statt der mit dem österreichischen Netzbetreiber vereinbarten 19 Euro für maximal 19 GB Breitband pro Monat sollte er für den Zeitraum 19. August bis 18. September 2011 plötzlich 761,98 Euro zahlen. Weil er sich weigerte, sperrte der Netzbetreiber seinen Zugang; mit seiner Klage auf Feststellung, nur 19 Euro zu schulden, und auf Aufhebung der Sperre blitzte der Mann jetzt vor dem OGH ab (7Ob 217/13g).

Automatisch in fremdes Netz

Wie sich herausstellte, wusste der Vorarlberger nach den Erfahrungen mit seinem Handy genau: Im grenznahen Bereich empfiehlt es sich, die automatische Einwahl ins stärkste (und vielleicht ausländische) Netz zu deaktivieren. Auch in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen für seinen Mobil-Internet-Tarif wurde er informiert, wie man „unnötige Kosten“ vermeidet. Es hätte genügt, das Netz manuell zu wählen oder vom Netzbetreiber eine Roaming-Sperre setzen zu lassen. Statt dessen vertraute er darauf, dass er – wie schon mehrere Monate hindurch – automatisch im österreichischen Netz bleiben würde, bis er eines Tages durch die hohe Rechnung alarmiert wurde. Das rot leuchtende „R“ auf seinem Modem, das er über WLAN in einem anderen Stockwerk seines Hauses nutzte, fiel im nicht auf.

Weil der Kläger um die Gefahr wusste, dass sich ein Endgerät bei automatischer Einwahl in Grenznähe in ein ausländisches Mobilfunknetz einbuchen kann, und weil er trotzdem die Einstellung „automatische Netzwahl“ bestehen ließ, wies der OGH in letzter Instanz die Klage des Mannes ab. Schon deshalb, weil der Kläger ohnehin informiert war, konnte der beklagte Betreiber keine Aufklärungspflicht verletzt haben.

Wichtige Fragen offen

Dieses erste Urteil des OGH über eine Schockrechnung lässt angesichts des eigentümlichen Klagebegehrens Fragen offen: etwa über die zulässige Höhe der Gebühren. Denn dass das Roaming gar nichts kostet, konnte der Mann keinesfalls erwarten. Damit musste laut OGH auch die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob bestimmte Roaming-Tarife wirksam vereinbart wurden oder ob die Allgemeinen Geschäftsbedingungen intransparent waren, „nicht abschließend geprüft werden“. Auch Schadenersatz wurde nicht eingeklagt und nicht geprüft.

Gewisse Entwarnung kann aber gegeben werden: Seit 1. Juli 2012 gilt die Kostenbremse der EU-Kostenbeschränkungsverordnung auch für Roaming in Drittstaaten, also auch der Schweiz: Erreicht der Kunde ein Datenvolumen im Wert von 60 Euro, muss die Verbindung unterbrochen werden; es muss ihm klar gemacht werden, wie – und zu welchen Kosten – er das Roaming weiter nutzen kann. Die Verordnung verpflichtet Roaming-Anbieter auch zu „angemessenen Schritten“, um ihre Kunden davor zu bewahren, Gebühren für unbeabsichtigt gewählte Roamingdienste zu bezahlen, während sie sich in ihrem Heimatmitgliedstaat befinden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.04.2014)

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