Firmenpensionen zu Lasten der anderen Steuerzahler

(c) Clemens Fabry
  • Drucken

Die neue Strafsteuer für Spitzenbezüge macht Firmenpensionen noch attraktiver, als sie ohnehin schon bisher waren.

Wien. Früher war es eine Binsenweisheit, dass Firmenpensionen durch Steuerstundungseffekte aus den Pensionsrückstellungen auf Kosten der anderen Steuerzahler mitfinanziert werden: Jede Rückstellung führt zu einer Minderung des Gewinns und damit zu einer Steuerminderung bereits heute, während die Pension erst viele Jahre später bezahlt werden muss. Die Steuerstundung ist Teil der Finanzierung der späteren Pension. Deshalb hat der Gesetzgeber Rückstellungen für Firmenpensionen auch eingeschränkt; sie gänzlich zu beseitigen – was konsequent gewesen wäre –, dazu fehlte der Mut.

Dass das Modell aber noch immer floriert, zeigen allseits gepriesene Steuersparmodelle: Durch die Pensionszusagen kann das Unternehmen „laufende Steuerersparnisse aus dem Aufbau einer Pensionsrückstellung“ erzielen; sie sind ein attraktives Instrument einer betrieblichen Altersvorsorge, „um gleichzeitig von Steuervorteilen zu profitieren“, heißt es. Oder: „Warum Firmenpensionen? – Weil Sie damit Steuervorteile für ihr Unternehmen sichern“, mit anderen Worten: „Eine steuerschonende Alternative zu einer Gehaltserhöhung.“ Auch die Abzinsung der Pensionsrückstellung (mit derzeit 6%) hindert den Steuervorteil nicht.

Keine lohnabhängige Abgaben

Zu den Steuerersparnissen aus der Bildung der Pensionsrückstellung kommen weitere Steuervorteile hinzu, wie die Ersparnis lohnabhängiger Abgaben und allfälliger Sozialversicherungsbeiträge (bei Bezügen bis zur Höchstbemessungsgrundlage): Mit der Einsparung der Sozialversicherung ist die betriebliche Altersvorsorge für Unternehmen „30 Prozent billiger als Barlohn, der damit bei gleichem Bruttobezug angesparte Nettobetrag für den Mitarbeiter fast doppelt so hoch als bei privater Vorsorge“, rechnet ein Unternehmen vor.

Als neuer Anreiz für Firmenpensionen erweist sich die jüngst eingeführte Strafsteuer für Spitzenbezüge (Nichtabzugsfähigkeit von Bezügen, soweit sie 500.000 Euro übersteigen): Werden zum Beispiel 100.000Euro von den Bezügen in eine spätere Firmenpension umgewandelt, winkt eine Steuerprämie von 25.000 Euro jährlich (Wegfall der Strafsteuer); dazu kommt der Wegfall der lohnabhängigen Abgaben und die Steuerstundung aus der Pensionsrückstellung. So rechnen sich noch Pensionszusagen erst wenige Jahre vor der Pensionierung.

Führungskräfte als Nutznießer

Wenig hat sich am Kreis der Nutznießer geändert; selten oder nur im bescheidenen Ausmaß ist es die Sekretärin, im Regelfall sind es Führungskräfte, die in den Genuss einer Firmenpension gelangen, und damit wirkt sich auch die indirekte Finanzierung auf Kosten der anderen Steuerzahler besonders aus: Allein im Bankenbereich und den Versorgungsunternehmen werden derzeit Rückstellungen von rund 3,4 Mrd. Euro ausgewiesen. In der Steuerbilanz mögen die Beträge niedriger sein, beträchtlich sind sie allemal; ein Viertel davon beträgt die Steuerstundung. Dazu kommen die Rückstellungen in den anderen Unternehmungen. Um es klarzustellen: Nichts gegen Pensionszusagen an Führungskräfte; hier geht es allein um die Frage, ob sie steuerlich subventioniert werden sollen.

Für jene, die anzweifeln, dass es einen Zusammenhang zwischen Firmenpension und den steuerlichen Vorteilen gibt: In den USA gibt es keine steuerlichen Rückstellungen für Firmenpensionen, und, welch Zufall, Firmenpensionen sind dort weitgehend unbekannt.

Der Gesetzgeber hat schon einmal versucht, die Finanzierungseffekte aus einer Rückstellungsbildung zu vermeiden, als er Rückstellungen für Zuwendungen aus Anlass eines Firmen- oder Dienstjubiläums für unzulässig erklärte (StRefG 1993); auch damals ging es um die Refinanzierung auf Kosten der anderen Steuerzahler.

Der VfGH hat damals zwar das Rückstellungsverbot für Dienstjubiläen aufgehoben, jedoch wäre ein allgemeines Rückstellungsverbot für künftige Gehaltszubußen mittels Steuersparmodellen sehr wohl auch verfassungsrechtlich zulässig: Derartige Zubußen benachteiligen die anderen Steuerpflichtigen, die diese Vorteile auf Kosten des Fiskus nicht haben; daher wäre es auch sachlich gerechtfertigt, das für Firmenjubiläen bestehende Rückstellungsverbot auf Dienstjubiläen und Firmenpensionen auszudehnen. Rückstellungen für langfristig gewährte Geldzuwendungen, um die es hier geht, sind im Hinblick auf die Finanzierungseffekte aus der Steuerstundung verfassungsrechtlich nicht zwingend. Mit dem Steuerstundungseffekt von Pensionsrückstellungen fördert der Gesetzgeber darüber hinaus die Verlagerung von Lohnzahlungen in die Zeit nach Ausscheiden des Dienstnehmers und belastet die spätere Liquidität. Die Unwägbarkeiten aus Firmenpensionen an frühere Führungskräfte und deren Witwen sind beträchtlich, sie brauchen nicht auch noch gefördert werden.

Schien es dem Gesetzgeber früher gerechtfertigt, Firmenpensionen als zusätzliche Altersvorsorge zu fördern, steht heute die Ungleichbehandlung gegenüber Dienstnehmern im Vordergrund, die diesen Vorteil nicht haben. Sie müssen die Firmenpensionen der anderen mit ihren Steuerzahlungen mitfinanzieren. Noch weniger ist es gerechtfertigt, Firmenpensionen – als bloß spätere Lohnzahlungen – von den lohnabhängigen Abgaben auszunehmen.


em. Univ.-Prof. Werner Doralt war Vorstand des Instituts für Finanzrecht der Uni Wien.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.06.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.