Wann Sex ein Unternehmen ist

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Höchstgericht hebt Strafe gegen Bordellbesitzer wegen illegaler Beschäftigung auf. Der Mann hat damit argumentiert, dass die Frauen alle selbst Unternehmerinnen seien.

Wien. Die Frage, wie Prostituierte arbeiten, erhält rechtlich immer mehr Relevanz. Nicht nur, weil seit einem Urteil von vor zwei Jahren der Lohn für Sexarbeit gegenüber dem Freier eingeklagt werden kann. Auch das Finanzamt verfolgt das Geschehen mit Interesse: Stufte etwa Wiens Finanz Prostituierte bisher grundsätzlich als Selbstständige ein, wird seit 1.Juli genau geprüft, ob nicht ein Arbeitsverhältnis vorliegt und Lohnsteuer gezahlt werden muss. Eine aktuelle Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) zeigt nun aber, dass Behörden auch nicht zu leichtfertig davon ausgehen dürfen, dass Sexarbeiter im Betrieb eingegliedert sind.

Konkret ging es um die Frage, ob ein Bordellbetreiber in einem Salzburger Skiort zu Recht bestraft wurde, weil er Ausländerinnen illegal beschäftigt haben soll. Die Finanzpolizei hatte 2011 herausgefunden, dass sechs im Bordell angetroffene Frauen (sie stammten aus Serbien, Bulgarien, Rumänien und Nigeria) ohne Beschäftigungsbewilligung aktiv waren. Auch eine andere Erlaubnis, etwa eine Zulassung als besonders qualifizierte Schlüsselarbeitskraft lag bei den Sexarbeiterinnen nicht vor, wie die Bezirkshauptmannschaft juristisch nüchtern festhielt. Gegen den Bordellbesitzer wurden sechs Geldstrafen in Höhe von je 4000 Euro verhängt.

Begründet wurde die Strafe damit, dass die Tätigkeit „als Prostituierte und Animierdame in einem Bordell“ in ähnlicher wirtschaftlicher Abhängigkeit erfolge wie in einem klassischen Arbeitsverhältnis. Der Bordellbetreiber hätte eine Arbeitserlaubnis für die Frauen einholen müssen.

Auch der vom Beschuldigten angerufene Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) Salzburg bestätigte die Strafe. Er stellte fest, dass die Sexarbeiterinnen für ihre private Unterkunft dem Bordellbetreiber acht Euro pro Tag zahlen. In diesen Zimmern dürfe aber keine Prostitution stattfinden, dafür stünden fünf eigens eingerichtete „Arbeitszimmer“ zur Verfügung. Wenn die Frauen diese benutzten, zahlten sie dem Bordellbesitzer 60 Euro pro halber Stunde. Seine Behauptung, dass die Frauen nicht verpflichtet gewesen seien, zu den Öffnungszeiten im Lokal zu sein, wurde als unglaubwürdig verworfen. Es gebe eine Hausordnung mit Verhaltensregeln, und auch Vorschriften, wie man sich an der Bar zu kleiden habe, seien erstellt worden.

Provision und fixe Zeiten?

Prostituierte, die den Bordellbesitzer entlasteten, wurden als unglaubwürdig eingestuft. Hingegen nahm der UVS die Aussage einer nigerianischen Sexarbeiterin ernst: Sie hatte bei der Finanzpolizei erklärt, dass es fixe Preise für alle Frauen gebe und man Anteile an der Getränkeanimation erhalte.

Der Bordellbesitzer ging zum Höchstgericht. Er betonte, dass er nie Weisungen gegeben habe, dass die Frauen keine fixe Arbeitszeit und keinen Arbeitsort hätten. Er allein behalte die Einnahmen aus der Getränkekonsumation der Gäste, im Gegensatz zu anderen Bordellen seien die Frauen daran nicht beteiligt. Die Frauen würden ihm nur Miete für Wohn- und Arbeitsräume zahlen. Zur Sache gehe es zudem auch andernorts: So käme es häufig vor, dass Après-Ski-Gäste zwar das Lokal betreten, aber die Frauen in ihr Hotel mitnehmen. Die Frauen würden das unternehmerische Risiko selbst tragen und keine Arbeitnehmerinnen sein.

Strafe nicht begründet

Tatsächlich hob der VwGH den Strafbescheid auf. Denn die Behörde habe nicht begründet, warum sie meint, dass die Frauen verpflichtet wären, während der Öffnungszeiten im Lokal zu sein. Und die belastende Aussage der Zeugin über Provisionen, die sie bei der Finanzpolizei gemacht hatte, sei in der öffentlichen Verhandlung nicht einmal verlesen worden: ein Verfahrensfehler.

Die übrigen Beweise aber würden – „wenngleich wohl die Attraktivität des vom Beschwerdeführer betriebenen Lokals aus der Anwesenheit der Prostituierten resultiert haben mag“ – nicht reichen, um von einem Arbeitnehmerverhältnis auszugehen, erklärten die Höchstrichter (2013/09/0041). Die Behörde muss nun den Fall neu prüfen.

AUF EINEN BLICK

Ein Bordellbesitzer klagte erfolgreich gegen Strafen wegen illegaler Beschäftigung. Der Mann argumentierte damit, dass die Frauen Selbstständige seien. Er vermiete ihnen nur Zimmer. Der Strafbescheid wurde vom VwGH aufgehoben. Entscheidende Punkte für ein Dienstverhältnis (etwa, dass die Frauen fixe Arbeitszeiten haben) seien von der Behörde nicht bewiesen worden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.07.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.