Steueroase für Freiberufler bleibt

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Selbstständige können durch ein Büro in Liechtenstein Steuer sparen, Gewerbetreibende nicht. Laut dem Höchstgericht ist das nicht gleichheitswidrig.

Wien. Freiberufler aus Österreich mit einem Büro in Liechtenstein können ihre ausländischen Einkünfte wesentlich niedriger versteuern, denn sie profitieren von der dort viel geringeren Einkommensteuer. Gewerbetreibende haben diese Möglichkeit nicht. Das geht aus dem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) Österreichs mit Liechtenstein hervor.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) sah darin eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung und rief den Verfassungsgerichtshof (VfGH) an – die „Presse“ berichtete. Nun hat der VfGH entschieden (SV 2/2013–14). Und er bestätigt überraschenderweise die Verfassungsmäßigkeit der Rechtslage. Bei Einkünften aus selbstständiger Arbeit sei es nämlich – jedenfalls in einer Durchschnittsbetrachtung – nur innerhalb enger Grenzen möglich, Einkünfte ins Ausland zu verlagern. Während Gewerbetreibende dazu bloß eine Betriebsstätte im Ausland brauchen, müssten Freiberufler im Regelfall ihre Tätigkeit nicht nur persönlich im Quellenstaat ausüben – darüber hinaus müsse diese Tätigkeit auch funktional der dortigen Einrichtung zuzurechnen sein. Dazu verweist der VfGH auf Judikatur des VwGH im Fall eines in Österreich ansässigen Wirtschaftstreuhänders: Hier sei bei der Zurechnung von Einkünften zu einer festen Einrichtung in Liechtenstein ein strenger Maßstab angelegt worden, es komme etwa darauf an, ob und von wo aus er österreichische Klienten betreut, und wo der Kontakt mit österreichischen Behörden stattfindet.

„Nicht nachvollziehbar“

Im aktuellen Anlassfall ging es jedoch um einen Journalisten, Texter und Drehbuchautor – und ein solcher kann schreiben, wo immer er will. „Die Behauptung des VfGH, dass Einkünfte aus selbstständiger Arbeit ,nur in engen Grenzen verlagert werden können‘, ist nicht nachvollziehbar“, meint denn auch der namhafte Steuerrechtsexperte Werner Doralt. Diese Aussage stehe im klaren Widerspruch zum Anlassfall und widerspreche auch sonst den Fakten: „Es ist bekannt, dass vor allem Rechtsanwälte und Ärzte die Möglichkeit nützen, Einkünfte nach Liechtenstein zu verlagern.“

Die Entscheidung des VfGH führe darüber hinaus zu groben Ungerechtigkeiten im Einzelfall, kritisiert Doralt: Von Vorarlberg aus reiche eine kurze Autofahrt, um sich der österreichischen Steuer zu entziehen. „Man darf auch die Folgewirkungen nicht übersehen: Wenn Freiberufler zur Steuerersparnis ihre Aktivitäten nach Liechtenstein verlagern und dort eine Betriebsstätte gründen, ziehen auch Mitarbeiter aus Vorarlberg dorthin mit. Diese sind dann ebenfalls nicht in Österreich steuerpflichtig, sondern in Liechtenstein.“

Doralt sieht Handlungsbedarf, das DBA neu zu verhandeln. Für den Augenblick „erspart“ der VfGH Österreich allerdings ein völkerrechtliches Problem, das bei Aufhebung eines Passus aus dem Abkommen entstanden wäre. Für die verfassungsrechtliche Beurteilung sollten solche Überlegungen aber keine Rolle spielen. (cka)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.07.2014)

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