Wie kommen die Yukos-Aktionäre zu ihrem Geld?

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50 Milliarden Dollar hat Russland den ehemaligen Yukos-Aktionären zu zahlen, zu diesem Ergebnis kam ein Schiedsgericht in Den Haag. Ob die ehemaligen Eigner des Konzerns ihr Geld sehen werden, ist ungewiss.

Wien. Das Ständige Schiedsgericht in Den Haag hat Russland vergangene Woche zu einer Schadenersatzzahlung von 50 Mrd. Dollar (37,2 Mrd. Euro) an die Yukos-Aktionäre verurteilt. 65 Mio. Dollar kommen noch an Prozesskosten hinzu. Die Kläger, die sich bei dem Verfahren von der Lawfirm Shearman & Sterling vertreten ließen, hatten Moskau eine Verletzung des Energiecharta-Vertrages vorgeworfen und 114 Mrd. Dollar (ca. 85 Mrd. Euro) Schadenersatz gefordert. Das Schiedsgericht entschied nach neunjährigem Verfahren jedoch nur teilweise gegen Russland: „Wegen eines vom Schiedsgericht erkannten Mitverschuldens der klagenden Aktionäre wurden die Ansprüche deutlich reduziert“, sagt Rechtsanwalt Rudolf K. Fiebinger.

50 Mrd. Dollar stünden den Ex-Yukos-Eignern aber zu, sagte das Gericht. Es sah als erwiesen an, dass es Russland bei der Zerschlagung des Ölkonzerns nicht um die Eintreibung von Steuerschulden gegangen sei, sondern darum, Yukos in den Bankrott zu treiben, um die wichtigsten Unternehmenseinheiten zu übernehmen. Die Russische Föderation, die sich gleich von zwei Topkanzleien (Cleary Gottlieb Steen & Hamilton und Baker Botts) vertreten ließ, will den Schiedsspruch bekämpfen.

„Dazu muss Russland am Schiedsort, hier den Niederlanden, eine Aufhebungsklage einbringen“, sagt Fiebinger. Im Falle von schwersten Verfahrensmängel würden die niederländischen Gerichte den Schiedsspruch aufheben. Dann müsste das Schiedsverfahren wiederholt werden. Ein sehr theoretisches Szenario: „Es ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass die angekündigte Aufhebungsklage keinen Erfolg hätte. In Österreich liegt die Erfolgsquote unter einem Prozent“, so Fiebinger.

Ob und wie die Yukos-Aktionäre nun zu den lang erkämpften Milliarden kommen werden, ist ungewiss. Prinzipiell kann der Endschiedsspruch nun in allen 150 Mitgliedstaaten des „New Yorker Übereinkommens“ vollstreckt werden. Dazu zählt auch Russland. „Die erleichterte Vollstreckbarkeit ist einer der wesentlichen Vorzüge der Schiedsgerichtsbarkeit. Mit wenigen Ausnahmen sind Entscheidungen staatlicher Gerichte in anderen Ländern nur mit Einschränkungen, jedenfalls aber großen Verzögerungen und Hürden exekutierbar“, sagt der Schiedsrechtsexperte.

„Exekution wird schwierig“

Soweit sich in einem der 150 Mitgliedstaaten des New Yorker Übereinkommens Vermögen befindet, welches sich zu 100 Prozent im Eigentum der Russischen Föderation befindet und nicht hoheitliche „Zwecke“ erfüllt, können die obsiegenden Yukos-Aktionäre dort Exekutionsanträge an das jeweils zuständige Gericht stellen. „Botschaften sind natürlich tabu. Und auch der Traum, ein russisches Flugzeug auf irgendeinem Flughafen zu beschlagnahmen, ist nicht praxistauglich. Die sind nämlich meistens geleast“, sagt Fiebinger. Am ehesten lässt sich exekutierbares Vermögen natürlich in Russland selbst finden. Gerade dort könnte jedoch die Vollstreckung schwierig werden, meint der Anwalt: Immer wieder habe man erleben können, dass die notwendige Vollstreckbarkeitserklärung in Russland willkürlich verweigert wird – selbst wenn das einen Völkerrechtsverstoß darstellt.

Was müssen die Yukos-Aktionäre also tun? „Sie müssen versuchen, den Schiedsspruch in den übrigen 149 Beitrittsländern des New Yorker Übereinkommens durchzusetzen, sofern sich dort Vermögen der russischen Föderation befindet.“ Auf diese Weise 50 Mrd. Dollar zuzüglich Zinsen und Kosten zusammenzukratzen, wird nicht gerade leicht werden. „Wahrscheinlich ist daher, dass die drei Yukos-Aktionäre am Ende des Tages auf einen Teil der ihnen zugesprochenen Summe verzichten werden, sofern sich Russland bereit erklärt, den Restbetrag zu zahlen“, sagt Fiebinger. Den Yukos-Aktionären dürfte das bewusst sein. Gesprächsbereitschaft signalisierten sie sofort nach Verkündung des Schiedsspruchs. (hec)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.08.2014)

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