Urheberrecht: Wenn Innovation zu Streit führt

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Ein Drittel der Unternehmen gerät mit ihren Arbeitnehmern in Auseinandersetzungen über die Entlohnung für Erfindungen. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Umfrage der Anwaltskanzlei CMS.

Wien. So erfinderisch wie Greg Christie sind nur wenige Menschen in ihrem Berufsleben. Apple führt ihn bei fast 100 Patenten als Erfinder an, 31 weitere Anträge laufen noch. Seine wohl bekannteste Erfindung ist die Wischgeste, mit der schon das iPhone I – und mittlerweile viele andere Smartphones – entsperrt werden.

Welche Vergütung Christie für seinen Erfindungsreichtum bekam, ist nicht bekannt. Offenbar war er mit der Gegenleistung zufrieden. Seinen Arbeitgeber Apple hat der Innovative zwar im Frühjahr verlassen, Grund dafür waren aber nicht Streitigkeiten über Erfinderhonorare, sondern Konflikte mit dem ambitionierten Chefdesigner John Ive.

Doch wie halten es Unternehmen mit der Vergütung und Verwertung von Erfindungen eines angestellten Mitarbeiters? Und welche Rolle spielen dabei gesetzliche und kulturelle Faktoren? Mit diesen Fragen beschäftigt sich die aktuelle Umfrage der internationalen Rechtsanwaltssozietät CMS. Teilnehmer der Umfrage waren große internationale und europäische Unternehmen und deren Rechtsabteilungsleiter. Die meisten befragten Unternehmen waren multinationale Konzerne mit mehr als 10.000 Arbeitnehmern, gefolgt von kleinen und mittelständischen Unternehmen F&E-getriebener Sektoren wie Technologie, Lifesciences oder Konsumgüter. 78 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, Diensterfindungen arbeitsvertraglichen Regelungen zu unterwerfen. Einige multinationale Konzerne haben jedoch – so ein Ergebnis der Studie – überhaupt keine Regelung zu Diensterfindungen getroffen.

Häufig kommt es zu Streit

Ein anderes Resultat: Vertragliche Vergütungsvereinbarungen zwischen dem Arbeitgeber und angestellten Erfindern schaffen offenbar nicht immer einen Anreiz zu eigenständiger Forschung und Entwicklung. Und die getroffenen Kontrakte haben auch nicht unbedingt den streitschlichtenden Effekt, den sich beide Seiten von ihnen erhoffen: Ein Drittel der befragten Arbeitgeber gab an, mit Arbeitnehmern sogar in Auseinandersetzungen über Anerkennungen für Erfindungen zu geraten.

In Österreich und Deutschland gibt es für Arbeitgeber gesetzlich zwingende Bestimmungen, wie mit Arbeitnehmererfindungen umzugehen ist. „Der Arbeitgeber hat nur dann Anspruch auf die Übertragung und Nutzung der Erfindung des Dienstnehmers, wenn er mit ihm eine gültige Vereinbarung über die Diensterfindung geschlossen hat. In dieser muss auch die Vergütung für die Erfindung zugesagt werden“, sagt Egon Engin-Deniz, Leiter des Bereichs Gewerblicher Rechtsschutz und Medien bei CMS in Wien. Mitunter verkennen ausländische Dienstgeber im Hinblick auf ihre österreichischen Dienstnehmer die österreichische Rechtslage. Doch auch eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist noch kein Allheilmittel gegen Konflikte in der Zukunft. Häufig gibt die Meldung der Diensterfindung Anlass für Reibereien. „In jedem Unternehmen sollte genau festgelegt sein, wie schnell und vor allem wem der Mitarbeiter die Meldung über seine Erfindung zu machen hat“, sagt Engin-Deniz. Das ist nämlich keineswegs immer klar. „In kleineren Strukturen kann das die Geschäftsführung sein, in größeren aber beispielsweise der Vorsitzende der Forschungs- und Entwicklungsabteilung oder der Leiter der unternehmensinternen Patentabteilung.“

Meldung muss umfassend sein

Mit einer mündlichen Kurzinformation oder einem knappen Einzeiler sollte sich der Arbeitgeber allerdings nicht zufriedengeben. Im Gegenteil: Die Erfindungsmeldung hat möglichst umfassend zu sein und muss den Gegenstand der Erfindung offenbaren. „Die Auskunft, ,Ich habe da etwas Neues erfunden‘, reicht also nicht aus“, sagt der IP-Experte. Der Arbeitgeber muss nach der Lektüre der Erfindungsmeldung beurteilen können, was dieses Neue genau ist, welchem Zweck die Erfindung dienen soll und welchen Beitrag der Arbeitnehmer daran tatsächlich geleistet hat, um abschätzen zu können, ob eine Patentanmeldung sinnvoll ist. Erfahrungsgemäß kommt es gerade beim Ausscheiden von Schlüsselkräften zu den mühsamsten Auseinandersetzungen – die jedoch mit etwas Um- und Weitsicht vermeidbar wären, so Engin-Deniz: „Immer wieder finden sich bloß Standardklauseln in den Arbeitsverträgen. Sie entsprechen zwar der Rechtslage, nehmen aber nicht auf die Spezifika der entsprechenden Branche Rücksicht. So müssen etwa Diensterfindungsklauseln in Betrieben mit langen Entwicklungs- und Produktionszyklen anders formuliert werden als in solchen mit kurzen Entwicklungszyklen.“

Übrigens: Kulturelle Faktoren sind, wenn es um die Belohnung des Erfinders geht, nicht zu unterschätzen. Während in Großbritannien, den USA und Japan feierliche Preisvergaben, die Verleihung von Erfinderplaketten oder ein Dinner mit dem Chef hohen Stellenwert haben, legen Mitarbeiter auf diese Art des Schulterklopfens in anderen Ländern nur wenig Wert.

Zur Person

Egon Engin-Deniz ist Partner der Wirtschaftskanzlei CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte. Er leitet die Abteilung Gewerblicher Rechtsschutz und Medien in Wien, ist Head der Pan-European CMS IP Group. Engin-Deniz ist Mitautor der gerade erschienenen Studie „Employee Inventor Rewards Survey“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.08.2014)

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