Bilanzpolizei – wer hat das Sagen?

Machtspiele: Die Österreichische Prüfstelle bekämpft einen Bescheid der FMA beim Bundesverwaltungsgericht.

Seit genau einem Jahr hat Österreich endlich auch eine Enforcementstelle, auch Bilanzpolizei genannt. Als Kontrollbehörde sieht das Rechnungslegungs-Kontrollgesetz (RL-KG) die Finanzmarktaufsicht (FMA) vor. Die eigentliche Prüfungstätigkeit liegt jedoch in den Händen der Österreichischen Prüfstelle für Rechnungslegung (OePR). Eine Lösung, die ein typisch österreichischer Kompromiss ist: Während sich die SPÖ im Vorfeld dafür starkmachte, die Bilanzpolizei ausschließlich bei der FMA anzusiedeln, setzte sich die ÖVP für ein zweistufiges System ein. Das Ergebnis: ein schwaches Gesetz, das ein eineinhalbstufiges Modell vorsieht und Machtkämpfe zwischen FMA und OePR programmiert. Einer davon wird gerade vor dem Bundesverwaltungsgericht ausgetragen.

Auslöser für die Auseinandersetzung ist ein Bescheid vom 21. Februar 2014, in dem die FMA die OePR hochoffiziell beauftragt, die in dem Schriftstück aufgelisteten Unternehmen unter Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen des RL-KG 2014 zu prüfen.
Die Vorgehensweise der FMA, die Prüfstelle mittels hoheitlichen Akts zu ermächtigen und zu beauftragen, missfällt der OePR ganz massiv. Noch am Tage der Zustellung brachte sie gegen den Bescheid Beschwerde beim zuständigen Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ein. Ihre Begründung: Dem angefochtenen Bescheid fehle es an der gesetzlichen Grundlage, weil das RL-KG keine Bescheidkompetenz der FMA gegenüber der Prüfstelle vorsehe.

Dem Vernehmen nach schneite der Bescheid der FMA bei der OePR völlig unerwartet ins Haus. Seit Herbst 2013 gab es nämlich zwischen der Prüfstelle und der FMA schriftlichen und mündlichen Austausch darüber, wie der Prüfungsplan für 2014 auszusehen habe. Noch am 30. Jänner soll es ein Treffen von FMA- und OePR-Mitarbeitern gegeben haben, in welchem per Zufallsgenerator die Unternehmen ermittelt worden sind, die 2014 zu prüfen sind. Wozu war der FMA-Bescheid also überhaupt erforderlich? Dass die FMA in einem Bescheid nunmehr erneut jene Unternehmen aufliste, die von der Prüfstelle selbst ermittelt worden sind, führe das vorangegangene und in der Zuständigkeit der Prüfstelle liegende Verfahren zudem ad absurdum, argumentiert die OePR in ihrer Beschwerde.

Bei der FMA versteht man die Empörung der OePR gar nicht: „Bei der Aufsicht über Bilanzen hat der Gesetzgeber der FMA die Behördenfunktion übertragen. Behördliches Handeln manifestiert sich nach österreichischem Verwaltungsrecht im Bescheid. Dementsprechend ist der jährliche Prüfplan der OePR – trotz der selbstverständlich stattfindenden Abstimmungsgespräche – in Bescheidform zu erlassen. Die OePR ist hier jedoch – für uns nicht nachvollziehbar – anderer Rechtsansicht.“ Das nächste Wort hat das BVwG. Den Antrag der OePR, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, hat es jedenfalls einmal abgewiesen.

E-Mails an: judith.hecht@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.08.2014)

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