Steuerrecht: Selbstanzeige bald ohne Nachbessern

(c) Clemens Fabry
  • Drucken

Die Verschärfung des Finanzstrafgesetzes mit 1. Oktober soll die Steuerehrlichkeit fördern. Sie könnte aber zu verstärkter Spekulation führen, nicht entdeckt zu werden.

Wien. Am 1. Oktober tritt eine Novelle des Finanzstrafgesetzes in Kraft: Die bisher für Abgabenschuldner freundliche Bestimmung über die strafaufhebende Selbstanzeige wird deutlich verschärft. Damit soll eine höhere Steuermoral geschaffen werden, und der Gesetzgebers erhofft sich erhebliche Mehreinnahmen. Allein für das heurige Jahr rechnet man mit Einnahmen von bis zu 150 Millionen Euro aus Selbstanzeigen, die bis zum 1. Oktober erstattet sein werden, also bevor die neue Regelung anzuwenden ist. Schon dies ist freilich ein starkes Indiz dafür, dass mit der Novelle ein Rückgang der Selbstanzeigen zu erwarten sein wird.

Die korrekte Abführung von Abgabenschulden ist komplex, und es kann schnell zu einem Fehler bei der Abgabenabfuhr kommen. Was bisher mit einer Selbstanzeige mehrmals korrigiert werden konnte – im Wiederholungsfall konnte man mit Zahlung eines Zuschlags von 25 Prozent Straffreiheit erlangen –, kann zukünftig nicht über die Selbstanzeige repariert werden. Einerseits wird der erst mit 1. Jänner 2011 eingeführte Zuschlag von 25 Prozent bei wiederholter Selbstanzeige wieder abgeschafft. Andererseits gilt, dass bei neuerlicher Einbringung einer Selbstanzeige über denselben Abgabenanspruch künftig die Straffreiheit ausgeschlossen ist. Unabhängig vom Verschuldensgrad, also gleichgültig, ob die Abgabenverkürzung vorsätzlich oder fahrlässig entstand. Wurde daher z.B. bereits einmal eine Selbstanzeige für die Einkommensteuer 2012 erstattet, ist eine wiederholte Selbstanzeige für diese Abgabenart für dieses Abgabenjahr – unter Beachtung des 25-Prozent-Aufschlags – strafbefreiend nur noch bis 1. Oktober möglich. Danach hat nur noch die erste Selbstanzeige strafbefreiende Wirkung.

Strafzuschlag für Betriebe

Weiters werden in Zukunft Selbstanzeigen, die vorsätzliche oder grob fahrlässige Finanzvergehen offenlegen und erst nach Ankündigung bzw. Bekanntgabe einer Außenprüfung oder Nachschau des Finanzamts erstattet werden, nur noch bei Zahlung eines Zuschlags strafbefreiende Wirkung haben. Mit anderen Worten, eine Selbstanzeige wird teuer, da quasi eine „Geldstrafe“ gemeinsam mit dem verkürzten Steuerbetrag zu zahlen ist. Die Höhe dieses Aufschlags richtet sich nach der Höhe des aus der Selbstanzeige resultierenden Mehrbetrags: Bis 33.000 Euro fällt ein Aufschlag in Höhe von fünf Prozent an, darüber 15 Prozent, ab einem Mehrbetrag von 100.000 Euro sind es 20 Prozent; jenseits von 250.000 Euro 30 Prozent.

Lediglich im Fall von leichter Fahrlässigkeit entfällt der Strafzuschlag. Allerdings wird die alles entscheidende Frage, ob leichte oder grobe Fahrlässigkeit oder gar Vorsatz vorliegt, in jedem Fall eine Streitfrage sein. Somit wird es sehr auf die Formulierung in der Selbstanzeige ankommen.

Der Gesetzgeber will damit langfristig gesehen die Anzahl der Selbstanzeigen anlässlich von Prüfungsmaßnahmen reduzieren. Die Aufschläge sollen also einen größerer Anreiz zur Steuerehrlichkeit schaffen.

Es ist jedoch fraglich, ob die Maßnahmen die vom Gesetzgeber gesetzten Ziele verwirklichen können. Einerseits scheinen die Mehreinnahmen, mit denen bis 2018 gerechnet wird (mehr als 260 Millionen Euro), zu hoch gegriffen. Andererseits wird durch den Aufschlag die Selbstanzeige ab sofort weniger attraktiv. Abgabenpflichtige könnten angesichts des Aufschlags und der drohenden Strafe im Fall einer Verurteilung das Entdeckungsrisiko in Kauf nehmen, die Betriebsprüfung über sich ergehen lassen und abwarten, ob die unrichtige Abgabenerklärung entdeckt wird. Dies würde daher genau das Gegenteil dessen bewirken, worauf der Gesetzgeber eigentlich abzielt.

Außerdem widersprechen die Ziele der beiden Maßnahmen einander: Während der Gesetzgeber mit der Möglichkeit, ab sofort nur noch eine Selbstanzeige pro Abgabenanspruch zu erstatten, Spekulationen hinsichtlich des Entdeckungsrisikos unterbinden will, ermutigt er die Abgabenpflichtigen mit dem ab 1. Oktober zu entrichtenden Aufschlag zu ebensolchen Spekulationen.

Rückgang zu erwarten

In der Praxis kann dies wohl nur zu einem Rückgang der Selbstanzeigen führen. Es besteht die Gefahr, dass die eigentliche Zielsetzung der Bestimmung von der Strafbefreiung auf einen Milderungsgrund im Finanzstrafverfahren reduziert wird. Es wird daher einer noch exakteren Aufbereitung des Sachverhaltes bedürfen, um eine einerseits korrekte und andererseits für den Betroffenen strafbefreiende Anzeige erstatten zu können. Es fragt sich daher, ob der eingeschlagene Weg, durch verschärfte Bestimmungen eine Motivation zur Steuerehrlichkeit beim Steuerzahler zu wecken, nicht zum Eigentor führt.

AUF EINEN BLICK


Daniela Leitner ist Rechtsanwältin bei PHH Prochaska Havranek Rechtsanwälte, Johannes Dag ist ebendort Rechtsanwaltsanwärter.Finanzstrafgesetz. Am 1. Oktober tritt eine Novelle in Kraft, mit der Selbstanzeigen im betrieblichen Bereich verteuert werden. Sucht nämlich ein Unternehmen angesichts einer bereits angekündigten Außenprüfung oder Nachschau des Finanzamts den Weg in die Steuerehrlichkeit, muss es zusätzlich zum verkürzten Steuerbetrag auch noch einen Zuschlag von fünf bis 30 Prozent zahlen. Ein anderer, erst 2011 eingeführter Zuschlag fällt hingegen weg: Er galt bei wiederholter (korrigierter) Selbstanzeige für denselben Abgabenanspruch. Die ist nun gar nicht mehr strafbefreiend möglich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.09.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.