Steuerrecht: Riskante Darlehen an Gesellschafter

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Was ist es – verdeckte Gewinnausschüttung oder korrekte Darlehensgewährung der GmbH an ihren Gesellschafter? Die Finanzverwaltung prüft teils strenger als der VwGH.

Wien. Sehr genau nimmt die Finanzverwaltung bei Außenprüfungen (früher Betriebsprüfungen) von Kapitalgesellschaften Darlehensgewährungen der Gesellschaft an deren Gesellschafter unter die Lupe. „Übergenau“, findet David Gloser, Partner der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft der Ecovis Austria, „denn die Finanz legt teils strengere Maßstäbe an als der Verwaltungsgerichtshof (VwGH), der die letzte Instanz in Abgabensachen ist.“

Zur Ausgangslage: Gerade bei mittelständischen Familiengesellschaften mit beschränkter Haftung kommt es häufig vor, dass einem Gesellschafter zur Finanzierung von privaten Ausgaben ein Darlehen eingeräumt wird. Ein gängiges Prozedere dabei ist, dass die ausstehenden Salden auf ein Verrechnungskonto gebucht werden, weil der Gesellschafter ohnehin laufend Rückzahlungen leistet oder private Ausgaben für die Gesellschaft tätigt, die mit der Darlehensforderung kompensiert werden. „In so einem Fall wird von den Prüfern haargenau darauf geschaut, ob es zu diesem Darlehen einen schriftlichen, fremdüblichen Vertrag gibt“, sagt Gloser.

Rechtfertigung oft notwendig

Dieser muss nach Ansicht der Finanzverwaltung die Höhe der Verzinsung, die Fälligkeit der Zinsen sowie die Rückzahlungsmodalitäten regeln und auch eine Vereinbarung über allfällige Sicherheiten beinhalten. Wenn die Gesellschaft dem Gesellschafter einen Kontokorrentkredit gewährt hat, muss die Höhe des Kreditrahmens schriftlich festgelegt sein. Ähnlich strenge Anforderungen stellt auch das Bundesfinanzgericht (BFG), also die zweite Instanz in Abgabensachen, an den Inhalt des Vertrags.

Was passiert aber, wenn es die Vertragspartner verabsäumt haben, eine Übereinkunft über all die gerade aufgezählten Punkte zu treffen? „Dann geht die Finanzverwaltung von einer verdeckten Gewinnausschüttung des gesamten Darlehensbetrages an den Gesellschafter aus, was dazu führt, dass ihm mit Bescheid die Kapitalertragssteuer (KESt) vorgeschrieben wird“, sagt Gloser. Ist der Gesellschafter bereit, diese Vorschreibung zu akzeptieren, hat er 25 Prozent des Darlehensbetrages zu berappen. Damit kann, muss aber die Angelegenheit noch lange nicht erledigt sein. In letzter Zeit erlebe er immer wieder, dass nach der Feststellung einer verdeckten Gewinnausschüttung zusätzlich noch ein Vorhalt des zuständigen Finanzreferenten bei seinem Mandanten ins Haus flattert, der die Aufforderung enthält, den Sachverhalt rund um die Darlehensgewährung sehr konkret zu schildern.

Dem Geschäftsführer der Gesellschaft sollte es dann gelingen, der Finanz darzulegen, warum kein Fall der vorsätzlichen oder fahrlässigen Abgabenverkürzung vorliegt. „Andernfalls droht zusätzlich zur KESt noch eine finanzstrafrechtliche Verurteilung des Geschäftsführers und der Gesellschaft, die mit einer saftigen Strafe verbunden ist“, sagt der Steuerberater. Nach der herrschenden Spruchpraxis kann die Sanktion bis zu 40 Prozent des hinterzogenen Betrags ausmachen und zwar sowohl für den Geschäftsführer als auch für die Gesellschaft.

Diese „allzu strenge Auslegung“ der Behörden kritisiert Gloser. Sie würden dabei nämlich negieren, dass der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung dieser Rechtsfrage etwas legerer sei: Rein formelle Kriterien sind aus Sicht des Gerichtshofs nicht allein maßgeblich, selbst im Nachhinein erstellte Erklärungen des Gesellschafters beziehungsweise der Gesellschaft reichen aus (VwGH vom 22.5.2014, 2011/15/0003,0004 und 28.4.2009, 2004/13/0059). „Es muss also zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung noch gar keine schriftliche Vereinbarung vorliegen. Entscheidend ist, dass die Ausnutzung des Kredits entsprechend auf dem Verrechnungskonto gebucht wird. Allein damit kommt für den VwGH nämlich schon die Rückzahlungsabsicht zum Ausdruck“, so Gloser.

Ob eine verdeckte Ausschüttung des gesamten Darlehensbetrags vorliegt, hängt für den VwGH vielmehr davon ab, ob zum Zeitpunkt der Zuzählung die Bonität des Gesellschafters ausreichend vorhanden ist. Das Fehlen von Sicherheiten kann also auch für den Gerichtshof dazu führen, dem Schuldner die ernsthafte Absicht, das Darlehen tatsächlich auch wieder zurückzuzahlen, abzusprechen. „In diesem Fall aber müssten sich die Finanzverwaltung und das BFG ausführlich mit der Kreditwürdigkeit des Schuldners beschäftigen. Besitzt der Gesellschafter ausreichend Bonität, um die von der GmbH geborgten Beträge zurückzuzahlen, liegt nach Meinung des VwGH eine verdeckte Gewinnausschüttung eher nicht vor“, so der Experte.

Im Streitfall zum VwGH

Er empfiehlt seinen Mandanten daher, den VwGH anzurufen, wenn sich mit dem Finanzamt keine Einigung erzielen lässt. Neben den Kosten für die Beschwerde sind für die Eingabe 280 Euro zu veranschlagen. Einen langen Atem braucht man allerdings auch. Vom erstinstanzlichen Bescheid des Finanzamts bis zum Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs können gut und gerne vier Jahre ins Land ziehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.09.2014)

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