Zwischengeschaltete GmbH begrenzt

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Lässt der VwGH zu, einen GmbH-Geschäftsführer nicht beim Unternehmen anzustellen, sondern bei einer weiteren GmbH, die ihn entsendet? Rein steuerliche Motive reichen keinesfalls.

Wien. Wird Anna Netrebko, um Steuern zu sparen, demnächst ihre Auftritte nicht mehr direkt mit der Wiener Staatsoper vereinbaren, sondern eine Netrebko-GmbH zwischenschalten? Und wird in Zukunft nicht mehr ein Rennläufer wie einst Hermann Maier mit dem Skiverband die Skisaison planen, sondern die Hermann-Maier-GmbH?

GmbH kann thesaurieren

Zu diesen Fragen könnte man sich veranlasst sehen, wenn man die jüngste Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) zur zwischengeschalteten Geschäftsführer-GmbH liest (2011/15/0149): Es sei grundsätzlich zulässig, so entschied der Gerichtshof, wenn der Geschäftsführer einer GmbH nicht mit der GmbH den Anstellungsvertrag abschließt, sondern selbst eine GmbH gründet, die dann den Anstellungsvertrag abschießt und ihn als Geschäftsführer in die andere GmbH entsendet. Man spricht in diesem Zusammenhang von einer Drittanstellung. Die ist nämlich steuerlich viel günstiger, weil dann die Geschäftsführer-GmbH die Bezüge kassiert und diese, bloß mit 25 Prozent Körperschaftsteuer belastet, steuergünstig thesaurieren kann. Selbst bei Vollausschüttung aller Gewinne verliert die Konstruktion nicht ihren steuerlichen Reiz.

Ähnliche Steuersparmodelle haben sich in der Vergangenheit bereits etabliert oder zumindest wurde versucht, sie zu etablieren, als beispielsweise Aufsichtsräte sich über ihre GmbH bestellen ließen, Gutachter ihre Gutachter-GmbH gründeten, ja sogar Schriftsteller sich das Honorar an ihre Schriftsteller-GmbH überweisen ließen. Die „Jedermann-GmbH“ stand vor der Tür, oder wie man bereits im Schrifttum unkte: „Jedem seine eigene GmbH.“ Auch ein Ex-Minister fand die Idee super und gründete, als ultimative Lösung, seine Beraterstiftung gleich in Liechtenstein – wozu 25 Prozent Steuern zahlen, wenn es in einer Steueroase noch billiger geht?

Wer erbringt die Leistung?

Künstler und Sportler, um zu den eingangs erwähnten Beispielen zurückzukommen, wären die nächsten gewesen. In dieser Situation zog das Finanzministerium die Reißleine: Vergütungen für höchstpersönliche Leistungen sind steuerlich demjenigen zuzurechnen, der auch die Leistung persönlich erbringt, heißt es in den Einkommensteuerrichtlinien (EStRl Rz 104). Das Ministerium folgte damit den steuerlichen Zurechnungsregeln, wonach die Einkünfte steuerlich demjenigen zuzurechnen sind, der sie auch tatsächlich erwirtschaftet.

Ein Aufschrei aus Beraterkreisen war die Folge. Sie hatten die formaljuristische Auslegung auf ihrer Seite, und dieser formaljuristischen Sicht folgte nunmehr – allerdings nur auf den ersten Blick – auch der Verwaltungsgerichtshof.

Denn die Entscheidung enthält eine wesentliche Einschränkung: Die zwischengeschaltete Gesellschaft muss wirtschaftlich begründet sein; eine rechtliche Gestaltung ist steuerlich „dann unmaßgebend, wenn sie dem wirtschaftlichen Gehalt nicht entspricht“. Mit anderen Worten: Eine ausschließlich steuerliche Motivation begründet für eine zwischengeschaltete Gesellschaft keinen relevanten wirtschaftlichen Gehalt.

Dafür haben gerade die vergangenen Jahre die Wahrheit ans Licht gebracht: Seit das Finanzministerium solchen Gesellschaften die steuerliche Anerkennung versagt hat, sind sie – weil ohne steuerlichen Vorteil – rascher verschwunden, als sie entstanden sind. Die wirtschaftliche Relevanz der zwischengeschalteten Gesellschaft und ihre „ernsthafte Durchführung“, wie sie der Verwaltungsgerichtshof verlangt, löst sich in Nichts auf, wenn es ausschließlich steuerliche Motive gibt.

Missbrauch oder Scheingeschäft

Wenn, wie im Anlassfall, der zwischengeschalteten Gesellschaft wegen ihrer Personalstruktur andere Personen für den Einsatz als Geschäftsführer gar nicht zur Verfügung standen, stellt sich, wie der Verwaltungsgerichtshof festhält, die Frage einer missbräuchlichen Gestaltung (im Sinne des §22 BAO) bzw. eines Scheingeschäfts (§23 BAO). Im fortgesetzten Verfahren wird daher zu prüfen sein, inwieweit außersteuerliche Gründe für das Zwischenschalten einer Kapitalgesellschaft ausschlaggebend waren.

Neben Missbrauch und Scheingeschäft werden dabei aber auch die allgemeinen Regeln für die Zurechnung von Einkünften nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu beachten sein. Denn ernsthaft wird wohl niemand ein Steuersystem vertreten, in dem die – wenn auch nur angesparten – Bezüge des Vorstands einem geringeren Steuersatz unterliegen als die Bezüge seiner Sekretärin.

Wobei freilich einzuräumen ist, dass auch Unternehmensgewinne in der Körperschaftsteuer gegenüber der Einkommensteuer insoweit privilegiert sind.


Em. Univ.-Prof. Werner Doralt war Vorstand des Instituts für Finanzrecht der Universität Wien.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.11.2014)

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