Intersport: Wie weit darf der Kampf um Kunden gehen?

Sports Direct hat Eybl geschluckt – und streitet jetzt mit Konkurrent Intersport
Sports Direct hat Eybl geschluckt – und streitet jetzt mit Konkurrent IntersportAPA/EPA/ANDY RAIN
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Sports Direct hat Intersport wegen einer Werbeaktion verklagt. Das wirft die Frage auf, wie weit der Kampf um Kunden gehen darf. Die Judikatur sei da eher tolerant, sagen Juristen.

Wien. Wie weit darf man gehen, um einem Mitbewerber Kunden abspenstig zu machen? Diese Frage beschäftigt in letzter Zeit recht häufig die Gerichte.

In Österreich brachte der britische Diskonter Sports Direct, der die heimische Sportartikelkette SportEybl/SportsExperts übernommen hat, kürzlich eine Klage gegen Intersport ein: Den Briten geht es gegen den Strich, dass Intersport Inhabern von Eybl-Kundenkarten einen 50-Euro-Rabatt anbietet, wenn sie ihre Karte gegen eine von Intersport eintauschen. In Deutschland entschied das Landgericht Ulm Ende der Vorwoche in einem ähnlichen Streitfall.

Das deutsche Urteil dürfte Intersport freuen, denn es zieht die Grenzen des Erlaubten recht weit: Die Drogeriemarktkette Müller hatte damit geworben, Rabattgutscheine von Mitbewerbern anzunehmen. Dagegen klagte die deutsche Wettbewerbszentrale, die sich als „Selbstkontrollinstitution der Wirtschaft“ versteht. Sie argumentierte, Müller mache damit Werbeaufwendungen anderer Anbieter zunichte und fange Kunden quasi „kurz vor dem Laden des Mitbewerbers“ ab. Das Gericht hielt die Maßnahme zwar ebenfalls für eine erhebliche Behinderung der Konkurrenten, aber trotzdem gerade noch für zulässig. Denn der Kunde hat ja weiterhin die Wahl, wo er seinen Gutschein einlöst.

Gegen einzelnen Mitbewerber?

Nun ist dieses Urteil erstens nicht rechtskräftig und zweitens klarerweise für österreichische Gerichte nicht bindend (auch wenn diese, gerade in Sachen unlauterer Wettbewerb, gern auf Judikatur aus dem Nachbarland verweisen). Dennoch könne man das für Österreich analog sehen, sagt Rechtsanwalt Martin Prohaska-Marchried, Partner bei Taylor Wessing ENWC.

Kunden vor einem fremden Geschäft abfangen darf man auch hierzulande nicht, auch nicht im übertragenen Sinn. Man müsse also bei einer solchen Aktion darauf achten, dass sie sich nicht gegen einen einzelnen Mitbewerber richtet, sagt Prohaska-Marchried. Und darauf, dass man nur fremde Gutscheine annimmt, die auch online erhältlich sind – denn dann hat jeder Zugriff und kann sie einlösen, wo er möchte.

Umgekehrt heiße das, dass ein Händler, der sich vor solchen Aktionen der Konkurrenz schützen will, seine Gutscheine am besten nicht im Internet abrufbar machen sollte, sagt der Jurist. Und merkt nebenbei an, dass Versicherungen, mit denen sich Händler gegen ein Verlustgeschäft durch zu viele Gutschein-Einlösungen absichern, jetzt genau genommen billiger werden müssten: Denn, wenn solche Aktionen Schule machen, sinkt dieses Risiko für den Ausgeber der Gutscheine.

Was bedeutet all das aber nun für die Intersport-Werbeaktion? Sie ist ja doch etwas anders gelagert. Trotzdem meinen die von der „Presse“ befragten Juristen, dass auch hier eher kein Rechtsverstoß vorliegt. Laut OGH-Judikatur komme es darauf an, ob eine Maßnahme ihrer Natur nach der Behinderung des Mitbewerbers dient, sagt Prohaska-Marchried. Zwar richtet sich die Intersport-Aktion konkret an Eybl-Kundenkarten-Besitzer, aber es gibt hier ein wesentliches Detail: Laut Medienberichten möchte Sports Direct das Bonusprogramm gar nicht fortsetzen und hat schon Mails an die Kunden verschickt, in denen darauf hingewiesen wird, dass es ausläuft. Wenn die Eybl-Vorteilskarten aber ohnehin abgeschafft werden sollen, sei das Angebot von Intersport kaum als Behinderung anzusehen, meint Prohaska-Marchried.

Kunden ausspannen darf man

Martin Reinisch, Partner bei BKP Rechtsanwälte, sieht das ähnlich. Auch er weist auf die Tendenz der Rechtsprechung hin, in dieser Hinsicht „immer toleranter zu werden“. Niemand habe Anspruch auf eine „Bannmeile“ oder auf die Wahrung seiner Wettbewerbsposition. Und es sei laut ständiger OGH-Judikatur an sich nicht wettbewerbswidrig, Mitbewerbern Kunden auszuspannen; in einen fremden Kundenkreis einzudringen, gehöre sogar zum Wesen des Wettbewerbs (RS0078521).

Selbst Werbung in unmittelbarer Nähe des Geschäfts eines Mitbewerbers ist nicht per se verboten. Dazu müsste schon ein sachlicher Leistungsvergleich verhindert oder es dem Mitbewerber unmöglich gemacht werden, seine Leistung anzubieten, erklärt Reinisch. Oder ein Wettbewerber müsste gar so weit gehen, dass er das Hausrecht des anderen verletzt. Auch das gab es schon, etwa im Fall Westbahn/ÖBB, in dem es um in ÖBB-Zügen platzierte Werbung für die Westbahn ging (4Ob1/13w).

Den einen oder anderen hinterfragenswerten Aspekt hat jedoch auch die Intersport-Aktion: So ist die Bedenkzeit, die Intersport ehemaligen Eybl-Bonuskunden lässt, doch recht kurz – die Aktion startete am 12. und endet schon am 29. November. Und dass Onlinekunden, die den Rabatt lukrieren wollen, ein Foto der zerschnittenen Eybl-Karte hochladen müssen, könnte, so Reinisch, als unnötig aggressive Maßnahme gesehen werden. Andererseits ist eine solche Behandlung nicht mehr benötigter Kundenkarten ja nicht gerade unüblich. Unterm Strich, meint Reinisch, sei es also eher wahrscheinlich, dass auch diese Aktion die Grenzen des Erlaubten nicht sprengt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.11.2014)

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