Willheim Müller und Gassauer-Fleissner im Umbruch

Zeit zur Besinnung gibt es in der Anwaltsbranche nie. In zwei Wiener Kanzleien geht es jedoch vor Weihnachten besonders turbulent zu.

In gleich zwei bekannten Wiener Rechtsanwaltssozietäten stehen gröbere Veränderungen an. Bei Willheim Müller verlässt der Gründungspartner Johannes Willheim überraschend mit 1.Jänner 2015 die Kanzlei. Der Grund ist bemerkenswert: Die Lawfirm Jones Day hat den österreichischen Schieds- und Kartellrechtsexperten mitsamt seinem Team in das deutsche Büro nach Frankfurt abgeworben. Dass ein österreichischer Anwalt mit seiner Mannschaft in eine US-amerikanische Großkanzlei wechselt, kommt nicht alle Tage vor.

Erst vor wenigen Wochen habe ihn ein Headhunter gefragt, ob er sich vorstellen könne, als Partner zu Jones Day zu stoßen, erzählt Willheim: „Ich bin dann eigentlich nur nach Frankfurt gefahren, um mich selbst davon zu überzeugen, dass ein Wechsel nicht das Richtige für mich ist.“ Doch dann kam alles anders. Begeistert von Leuten und Umfeld, gewinnt Willheim schon in kurzer Zeit Gewissheit, dass „dieser Schritt strategisch und persönlich genau das Richtige für mich ist“. Zurück in Wien, fragt er seine Juristen, ob sie sich auch vorstellen können, mit ihm nach Frankfurt zu ziehen und Teil der Global Disputes-Group von Jones Day zu werden. „Es gab keinen Einzigen, der nicht sofort dabei war.“

Dabei falle es ihm alles andere als leicht, aus seiner Stammkanzlei auszuscheiden, sagt Willheim. Verständlich, ist es doch ihm und seiner Partnerin Katharina Müller in den letzten zehn Jahren gelungen, sich am kompetitiven Anwaltsmarkt sehr gut zu etablieren. Während sich Willheim mit internationalen Causen, vornehmlich Schiedsverfahren, einen Namen machte, fokussierte sich Müller auf die Bereiche Bau-, Vergabe-, Immobilien- und Stiftungsrecht am nationalen Markt.

Dass die beiden Anwälte ihre Fachbereiche in der Vergangenheit weitgehend autonom voneinander betrieben haben, erweist sich in der jetzigen Situation klar als Vorteil: „Keiner ist von dem anderen wirtschaftlich abhängig. Mit meinem Fortgang entsteht kein Loch. Die Kanzlei wird weiterhin erfolgreich sein.“ Davon ist auch Müller überzeugt, wenngleich sie sehr bedauert, dass Willheim die Kanzlei verlässt: „Es ist immer schade, wenn sich ein erfolgreiches Team auflöst“, sagt sie. Ändern wolle sie an der Ausrichtung von Müller Partner Rechtsanwälte (so wird die Kanzlei künftig heißen) nichts, sondern sich wie bisher auf das österreichische Kerngeschäft konzentrieren.


Auch bei Gassauer-Fleissner Rechtsanwälte kann man auf ein turbulentes Jahr 2014 zurückblicken. Zuerst hatte der IP- und IT-Spezialist Max Mosing die Kanzlei verlassen, um mit fünf anderen Anwälten im September die Boutique Geistwert zu gründen. Geistwert will sich auf Beratung im Bereich geistiges Eigentum (Intellectual Property) spezialisieren. Kurz darauf entschied sich auch Barbara Kuchar, sich zu verändern. Sie wird bei KWR-Rechtsanwälte die Leitung des IP-Bereichs übernehmen.

Mit dem Schlag der Pummerin werden – wie „Die Presse“ erfuhr – jedoch noch zwei weitere Gassauer-Partner leise Servus sagen. Der Arbeitsrechtsexperte Robert Prchal kann einer Zukunft in seiner bisherigen Kanzlei offenbar auch nichts mehr abgewinnen. Er wird sich vorerst allein selbstständig machen, allerdings in unmittelbarer Nähe seines Langzeitkollegen Hanno Schatzmann. Letzterer ist der vierte Partner in der Runde, der 2015 neue Wege gehen wird. Gemeinsam mit einem zweiten Anwalt will er seine Klienten im Immobilien-, Kartell- und Transaktionsrecht beraten und natürlich wachsen.

Stellt sich die Frage, weshalb bei Gassauer-Fleissner im letzten Jahr eigentlich kein Stein auf dem anderen geblieben ist, die Kanzlei sich de facto aufgelöst hat. Grund dafür seien – so lautet die allgemeine Sprachregelung – unterschiedliche Auffassungen über die Strategie und Betriebsführung der Kanzlei. „Ich sehe es daher als Verbesserung, wenn man neue Strukturen schafft und nun jeder seine eigenen Vorstellungen umsetzen kann“, sagt Gassauer-Fleissner trocken.

E-Mails an: judith.hecht@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.12.2014)

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