Zwischengeschaltete GmbH: Niedrige Körperschaftsteuer nur für Privilegierte

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Judikatur und Finanzministerium mühen sich ab, die steuersparende Zwischenschaltung von Körperschaften zu verhindern. Einfacher wäre es, Einkommen- und Körperschaftsteuer besser aufeinander abzustimmen.

Wien. An dieser Stelle hat Werner Doralt kürzlich die neue Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zur Zwischenschaltung von Kapitalgesellschaften bei „höchstpersönlichen“ Tätigkeiten (z. B. Geschäftsführer-GmbH, Künstler-GmbH) kommentiert. Das Thema ist von steuerpolitischer Brisanz und verlangt nochmalige Aufmerksamkeit. Die Entscheidung 2011/ 15/0149 betraf eine zwischengeschaltete Geschäftsführer-GmbH. Dabei wird ein Geschäftsführer nicht direkt von der betreffenden Gesellschaft angestellt, sondern von seiner eigenen GmbH an eine andere Gesellschaft überlassen. Das Steuersparmodell besteht darin, dass die GmbH des Geschäftsführers dessen Bezüge kassiert. So werden diese nur mit 25 Prozent Körperschaftsteuer und nicht mit Einkommensteuer von bis zu 50 Prozent belastet. Selbst bei Vollausschüttung der Gewinne ergibt sich eine maximale Steuerbelastung von nur 43,75 Prozent (Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer).

„Höchstpersönliche“ Tätigkeit

Der VwGH hat eine tief gehende inhaltliche Befassung vermieden. Er verlangt eine Prüfung, ob eine missbräuchliche Gestaltung bzw. ein Scheingeschäft vorliegt. Dabei sei zu untersuchen, inwieweit die GmbH aus „außersteuerlichen Gründen“ zwischengeschaltet wird. Eine noch strengere Auffassung vertritt schon länger das Finanzministerium. Es geht von vornherein davon aus, dass juristische Personen keine „höchstpersönlichen“ Tätigkeiten erbringen und ihnen die betreffenden Einkünfte nicht zugerechnet werden können.

Sowohl die Judikatur als auch die darauf beruhende Ansicht des Finanzministeriums bekämpfen nur Symptome, aber nicht die Wurzel des Problems. Kapitalgesellschaften sind vom Gesetzgeber künstlich geschaffene Rechtsträger, mit denen die Ausübung wirtschaftlicher Tätigkeiten erleichtert werden soll. Sie sind juristische Personen und können physisch gar nichts. Sie können weder die Traviata singen noch eine Produktionsmaschine bedienen. In beiden Fällen werden die Leistungen von Menschen erbracht.

Selbstverständlich müssen auch Kapitalgesellschaften mit den Produktionsmitteln ausgestattet sein, die sie zur Erbringung der jeweiligen Leistung benötigen. Nur dann sind ihnen die daraus erzielten Einkünfte zuzurechnen. Das ist aber auch bei den „höchstpersönlichen“ Tätigkeiten möglich, da der Gesellschafter der Gesellschaft seine Arbeitskraft überlassen, das heißt sie zur „Nutzung“ in die Gesellschaft „einlegen“ kann (sogenannte Nutzungseinlage). Hier liegt ein gravierender Fehler im österreichischen Körperschaftsteuerrecht: Nutzungseinlagen werden derzeit nicht zu Marktpreisen erfasst. Warum sich der Gesetzgeber bisher nicht dazu durchringen konnte, ist unklar. Würde man die eingebrachte Gesellschafter-Arbeitszeit bewerten, würde der Gesellschafter zu versteuernde Einkünfte beziehen. Gleichzeitig würden die bei der Gesellschaft „hängen bleibenden“ Einkünfte durch den anzusetzenden Lohnaufwand verringert oder sogar auf null sinken.

Ein zweiter gravierender Fehler des österreichischen Steuerrechts besteht darin, dass Kapitalgesellschaften durch die Körperschaftsteuer gegenüber anderen Einkommensbeziehern begünstigt werden. Der Körperschaftsteuersatz wurde mit der Steuerreform 2005 von 34 auf 25 Prozent gesenkt, damit Österreich im internationalen Steuerwettbewerb „mitspielen“ kann. Die zwangsläufige Folge war ein Run auf die GmbH, der weder vor dem kleinen Geschäft ums Eck noch vor den sogenannten höchstpersönlichen Tätigkeiten haltgemacht hat. Mittlerweile dürften manche politischen Entscheidungsträger sogar selbst daran glauben, dass man Unternehmen nur in Form einer GmbH führen kann. Anders ist es nicht zu erklären, dass der ehemalige Finanzminister die Wirtschaft gerade mit der GmbH light entfesseln wollte. Eine völlig missglückte Reform, die kurz darauf wieder weitgehend rückgängig gemacht wurde. Sie wird demnächst den Verfassungsgerichtshof beschäftigen.

Progressiver KÖSt-Tarif in USA

Selbst in den oft als zu wirtschaftsliberal angeprangerten USA sind beide Probleme übrigens kein Thema: Dort werden Nutzungseinlagen in eine Gesellschaft selbstverständlich steuerlich erfasst. Außerdem sehen die USA einen progressiven Körperschaftsteuertarif vor: Kapitalgesellschaften werden gleich oder sogar höher als andere Einkommensbezieher besteuert.

In Österreich vermeint man dagegen, das Problem der steuerlichen Begünstigung von Kapitalgesellschaften durch das Konstrukt der „höchstpersönlichen Tätigkeiten“ zu lösen. Die Judikatur und die Finanzverwaltung haben sich dabei jedoch auf einen Irrweg begeben, von dem sie umso schwerer wieder zurückfinden werden, je weiter sie rechtsdogmatisch dorthin vordringen. Wenn man juristische Personen als Wirtschaftssubjekte anerkennt, dann gibt es in steuerlicher Hinsicht keine „höchstpersönlichen Tätigkeiten“. Eine Kapitalgesellschaft kann per se nichts, sie wird erst von der Rechtsordnung zum Wirtschaftssubjekt erhoben.

Unscharfe Abgrenzung

Die unlösbaren Probleme der Abgrenzung „höchstpersönlicher Tätigkeiten“ zeigen sich schon an einem einfachen Beispiel: Die Finanzverwaltung nennt die Tätigkeit eines Gärtners als nicht höchstpersönlich. Die Führung einer Gärtnerei als GmbH ist daher zulässig.

Was aber, wenn der Gärtner österreichischer Staatsmeister ist? Müsste dann nicht von einer Höchstpersönlichkeit seiner Tätigkeit ausgegangen werden? Seine Tätigkeit lässt sich dann nicht ohne Weiteres von anderen ausüben. Es ließen sich viele weitere Beispiele anführen, die die Idee der Höchstpersönlichkeit erodieren lassen.

Zwar hat ein progressiver Körperschaftsteuertarif wie in den USA keinen Sinn, weil Gewinne dann einfach auf mehrere Gesellschaften aufgeteilt werden können. Auch eine Höherbesteuerung von Kapitalgesellschaften gegenüber anderen Unternehmen ist schon aus Gründen des internationalen Wettbewerbs nicht zielführend und politisch auch nicht denkbar. Eine aufeinander abgestimmte Besteuerung aller Unternehmensformen ist aber dringend geboten. Bedauerlicherweise berücksichtigt weder das von der SPÖ noch das von der ÖVP vorgelegte Steuerkonzept diesen wichtigen Aspekt.

Ass.-Prof. DDr. Hermann Peyerl, LL.M. lehrt an der Boku Wien. Demnächst erscheint seine Habilitationsschrift „Die Verlagerung von Einkünften – Einkünftezurechnung im nationalen und internationalen Steuerrecht“ bei Linde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.12.2014)

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