Bilanzpolizei: Folgen eines faulen Kompromisses

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Was ist das Ergebnis, wenn zwei Parteien Unterschiedliches wollen? Im konkreten Fall ein schlechtes Gesetz, das Machtspiele programmiert hat.

Wien. Bis sich Österreichs Politiker durchgerungen hatten, hierzulande eine Bilanzpolizei, auch Enforcement-Stelle genannt, ins Leben zu rufen, dauerte es lang. Länger als in allen anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Erst 2014 konnte sie ihre Arbeit aufnehmen.

Rechtsgrundlage für das Enforcement-Verfahren ist das Rechnungslegungskontrollgesetz. Seiner Geburt ging ein politischer Machtkampf der beiden Koalitionsparteien voraus. Während sich die SPÖ dafür starkmachte, die Bilanzpolizei ausschließlich bei der Finanzmarktaufsicht (FMA) anzusiedeln, setzte sich die ÖVP vehement für ein zweistufiges Modell ein. Neben der FMA sollte es auch noch eine Prüfstelle geben. Vor allem die Wirtschaftsprüfer fürchteten, die FMA könnte jeden noch so kleinen Fehler im Jahresabschluss gar zu aggressiv verfolgen. Das Ergebnis des Hickhacks ist bekannt: Nun sind sowohl die FMA als auch die Österreichische Prüfstelle für Rechnungslegung (OePR) für die Prüfung der Jahresabschlüsse kapitalmarktorientierter Unternehmen zuständig. Als Kontrollbehörde sieht das Gesetz die FMA vor, die eigentliche Prüfungstätigkeit liegt jedoch in den Händen der OePR.

FMA und OePR liegen im Clinch

Man musste kein Hellseher sein, um vorauszusagen, dass mit diesem Regelwerk Schwierigkeiten programmiert sind. Einen von vielen Konflikten tragen FMA und OePR gerade vor dem Bundesverwaltungsgericht aus. Auslöser des Streits ist ein Bescheid, in dem die FMA der OePR vorschreibt, welche Unternehmen die OepR zu prüfen hat. Die Prüfstelle bekämpfte den Bescheid mit dem Argument, es gäbe für diesen Hoheitsakt keinerlei gesetzliche Grundlage.

Noch hat das Bundesverwaltungsgericht nicht entschieden. Interessant ist allerdings, das die FMA es unterließ, der Prüfstelle nach der zweiten Ziehung wieder einen Bescheid zuzustellen. Die OePR hat indes 33 Unternehmen geprüft. Bei einem Drittel davon liegen die Ergebnisse der FMA bereits vor. Wenn sie wesentliche Zweifel an ihnen hat, kann sie das Verfahren an sich ziehen – andernfalls das Unternehmen auffordern, die festgestellten Fehler zu veröffentlichen. Bis dato wurde noch nichts publiziert. (hec)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.02.2015)

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