Steuerreform: „Ein weiteres negatives Signal für den Standort“

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Symbolbild Steuern(c) BilderBox (BilderBox.com / Erwin Wodicka)
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Den Spitzensteuersatz erhöhen und dann auch an der KESt-Schraube drehen? Laut Experten hätte das ungewollte Folgen.

Den Spitzensteuersatz bei der Einkommensteuer zu erhöhen – das ist eine der Ideen im Zuge der Steuerreform, die zurzeit die Gemüter erhitzen. Hanns F. Hügel, Rechtsanwalt und Professor an der Uni Wien, hält davon gar nichts. „Nach der Begrenzung der steuerlichen Absetzbarkeit von Managerbezügen ab 500.000 Euro wäre das ein weiteres negatives Signal, das volkswirtschaftlich kontraproduktiv und budgetmäßig unergiebig ist“, wettert er.

Verstanden werden könne es folglich „nur als ideologisch motivierte Message der SPÖ an die eigene Klientel, man habe nun doch eine Reichensteuer durchgesetzt“, sagt Hügel. Allerdings eine, die nicht die „Reichen“ mit ererbtem Vermögen trifft, sondern vor allem Spitzenmanager. Fazit: Für einen bescheidenen Mehrertrag werde in Kauf genommen, „dass Österreich in den Standortrankings, in denen es ohnehin bereits abgesandelt ist, nach der Bürokratie-Spitzenstellung auch die Steuersatz-Spitzenstellung erobert“.

Dass ein höherer Spitzensteuersatz aufs Tapet gekommen ist, liegt an einer anderen steuerlichen Begehrlichkeit: Man würde gern die Kapitalertragsteuer (KESt) erhöhen. Diese darf aber laut Endbesteuerungsgesetz, das im Verfassungsrang steht, nicht höher sein als die Hälfte des höchsten Einkommensteuersatzes. Hebt man den Höchstsatz an, kann man auch an der KESt-Schraube drehen, ohne eine Zweidrittelmehrheit zu brauchen. Doch müsste die KESt-Erhöhung dann alle Kapitaleinkünfte, auch Sparbuchzinsen, treffen und könnte nicht auf Dividenden beschränkt werden, wie es ursprünglich gewollt war. Denn im Endbesteuerungsgesetz steht auch, dass der KESt-Steuersatz einheitlich sein muss. Dieses Detail lässt sich ebenfalls nur mit Zweidrittelmehrheit ändern.

Mehr KESt-Rückerstattungen

Wichtig ist aber auch die Relation zwischen dem niedrigsten Einkommensteuersatz und der KESt. Letztere liegt derzeit mit 25 Prozent unter dem Einkommensteuer-Eingangssatz von 36,5 Prozent. Wenn sich das Verhältnis umkehrt, weil künftig die niedrigste Einkommensteuer nur mehr 25 Prozent beträgt, die KESt aber erhöht wird, tut sich ein weiteres Problem auf: Jeder, für den der niedrigste Einkommensteuersatz gilt, kann sich dann bei der KESt die Differenz zurückholen– genauso, wie schon jetzt Niedrigverdiener, die gar keine Einkommensteuer zahlen, die KESt zurückverlangen können. Das ist allerdings mit Aufwand verbunden: Die Bank zieht die KESt in voller Höhe ab, die Rückerstattung funktioniert nur über die Arbeitnehmerveranlagung. Hügel meint, das werde gerade Kleinanleger treffen. „Denn diese werden – aus Unwissenheit oder Bequemlichkeit – die Rückerstattung in aller Regel nicht beantragen.“

Laut Wifo-Budgetexpertin Margit Schratzenstaller gäbe es auch noch eine andere Variante. Man könnte die KESt auf Zinsen und Dividenden unberührt lassen und bloß die 2011 und 2012 eingeführten Vermögenszuwachssteuern anheben: die Immobilienertragsteuer und die Steuer auf Kursgewinne (Wertpapier-KESt). Im Gegensatz zu den klassischen Kapitalertragsteuern sei deren Steuersatz nämlich nicht durch ein Verfassungsgesetz beschränkt. Dass das Endbesteuerungsgesetz dafür nicht gilt, bestätigen auch andere Steuerexperten. Christian Ludwig, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, weist aber darauf hin, dass bei einer Erhöhung wohl zwischen Alt- und Neuvermögen unterschieden werden müsste, was die Umsetzung nicht leichter macht. „Außerdem würde das zu steuerlichen Gestaltungen anregen.“ Etwa dazu, dass Kapitalgesellschaften gezielt mehr Dividenden ausschütten und es weniger darauf anlegen, Kursgewinne zu produzieren, wenn die KESt auf Dividenden niedriger ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.03.2015)

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