Wohnung statt Raststätte: Berufsbedingt abzugsfähig

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Einkommensteuer. Der Verwaltungsgerichtshof lässt bei doppelter Haushaltsführung angemessene Wohnkosten als Betriebsausgaben zu.

Wien. Alles oder nichts: Vor diese Wahl gestellt sah sich der unabhängige Finanzsenat (UFS, jetzt Bundesfinanzgericht), Außenstelle Klagenfurt, als es galt, die Abzugsfähigkeit von Wohnkosten eines Unternehmers zu beurteilen. Der Mann musste aus beruflichen Gründen an zwei Orten leben, doch als er sich, statt weiterhin eine Raststätte zu frequentieren, eine Wohnung nahm, verweigerte der UFS ihm die Anerkennung des Aufwands für den zweiten Haushalt als Betriebsausgaben. Und zwar ganz. Wie der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) jetzt entschied, verkannte der UFS damit die Rechtslage.

Kärntner in Niederösterreich

Der Mann betrieb ein Elektrohandel- und -technikunternehmen in Kärnten. Außerdem führte er Elektroinstallationen auf Baustellen in Niederösterreich durch, und er übernahm die Geschäftsführung in einer GmbH in Leobersdorf. Deshalb verbrachte er vier bis fünf Tage in Niederösterreich – eindeutig weiter als jene 120 Kilometer von zu Hause entfernt, ab denen eine doppelte Haushaltsführung üblicherweise anerkannt wird.

Eine Zeit lang behalf er sich mit Übernachtungen auf einer Raststätte; bis ihm in Niederösterreich eine Wohnung als „Schnäppchen“ unterkam, das er sich nicht entgehen lassen wollte. Er versuchte, die Kosten dafür als Betriebsausgaben von seinen Einkünften abzuziehen: 1,25 Prozent der Anschaffungskosten als Absetzung für Abnutzung, dazu Finanzierungskosten und Betriebskosten. Das Finanzamt lehnte das jedoch ab, genau wie nach ihm der UFS. Dessen Begründung: Es sei unklar, ob die Wohnung nur beruflich genutzt wurde, oder ob sie nicht doch auch zum Beispiel als private Vermögensanlage diente. Der Aufwand des Unternehmers für die Wohnung liege jedenfalls bedeutend höher als die zuvor aufgewendeten Hotelkosten; deshalb sei er nicht abzugsfähig.

Diese Schwarz-Weiß-Sicht ist für den VwGH jedoch falsch. Zwar sind Wohnkosten und Aufwendungen für die Lebensführung in aller Regel nicht als Betriebsausgaben oder – bei Lohnsteuerpflichtigen – als Werbungskosten anzuerkennen. Muss der Steuerzahler aber berufsbedingt auch woanders wohnen, wohin er zumutbarerweise weder täglich pendeln noch komplett übersiedeln kann, dann sind die Mehraufwendungen sehr wohl abziehbar. Dabei muss allerdings geprüft werden, inwieweit die Kosten angemessen sind: „Die Obergrenze der abziehbaren Wohnungskosten ist mit der Höhe der Aufwendungen für eine zweckentsprechende Wohnung am Beschäftigungsort zu ziehen“, sagt der VwGH.

Anhaltspunkte dafür bietet die frühere Judikatur: In einem Fall hatte der UFS (Wien) die geltend gemachten Kosten einer 95-Quadratmeter-Wohnung auf 40 Quadratmeter heruntergerechnet; das erschien dem VwGH damals zu wenig. Darauf korrigierte der UFS auf 60 Quadratmeter, diese wurden vom VwGH im zweiten Rechtsgang gebilligt (2010/13/0148).

114 Quadratmeter statt 60

Der Kärntner benützte in Niederösterreich eine 114-Quadratmeter-Wohnung, die im Lichte dieser Entscheidung wohl auch deutlich überdimensioniert erscheint. „Ausgehend davon, dass die in Rede stehende Wohnung nur im Rahmen der betrieblich bzw. beruflich bedingten Aufenthalte des Beschwerdeführers in Niederösterreich [...] genützt wurde, ist aber nicht nachvollziehbar, dass die Aufwendungen für die Wohnung zur Gänze nicht abziehbar wären“, heißt es im neuen Erkenntnis des VwGH. Und: „Die betragsmäßige Obergrenze der abziehbaren Wohnungsaufwendungen in einem solchen Fall ist vielmehr mit der Höhe der Aufwendungen für eine zweckentsprechende Wohnung zu ziehen (Angemessenheitsprüfung).“ Die Betriebsausgaben müssen also neu berechnet werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.03.2015)

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