RAK Wien-Wahlen: Zwei Kandidaten, die unterschiedlicher nicht sein könnten

 Stefan Prochaska
Stefan Prochaska(c) Clemens Fabry
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Michael Enzinger und Stefan Prochaska, zwei der drei Kandidaten, die um das Amt des Präsidenten der Rechtsanwaltskammer Wien rittern, stellten sich ihrem Wahlvolk.

Wien. Am 29.April wählen die Wiener Rechtsanwälte ihren neuen Kammerpräsidenten. Sie müssen sich zwischen drei Kandidaten entscheiden: Stefan Prochaska, Michael Enzinger und Thomas Singer. Diese konnten ihre Pläne für die Zukunft vorigen Donnerstag bei einer Veranstaltung präsentieren, zu der die Anwaltsklubs der Sobranje luden.

Prochaska und Enzinger folgten der Einladung, Singer war wegen eines Termins verhindert. Neben über 150 Anwälten ließen es sich auch Rupert Wolff, der Präsident des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags (ÖRAK), und sein Vorgänger Klaus Hoffmann nicht nehmen, sich ein Bild von den Kandidaten zu machen. Das Präsidium der Rechtsanwaltskammer (RAK) Wien war allerdings nur durch Michael Auer, den scheidenden Präsidenten, vertreten. Die beiden Vizepräsidentinnen Elisabeth Rech und Brigitte Birnbaum erschienen nicht.

Kommunikation und Vertrauen

Das Amtsverständnis der beiden Kandidaten unterscheidet sich deutlich: Prochaska tritt für eine Öffnung und Modernisierung der Kammer ein, Enzinger steht eher für moderate Veränderungen.

Die Kammer sei in erster Linie eine Interessenvertretung, die es nötig habe, ihre Kommunikation nach innen und nach außen zu verbessern, sagte Prochaska in seinem Eingangsstatement. „Die Kammer macht viele gute Dinge, trotzdem hat sie, da darf man sich nicht in den Sack lügen, bei vielen Kollegen keinen oder einen negativ Stellenwert.“ Die Gründe führte Prochaska gleich selbst an: Der Service der Kammer müsse verbessert werden, allen voran gehöre das Treuhandbuch neu evaluiert und an heutige Anforderungen angepasst. Und: Die Kammer müsse modern gemanagt werden.

Enzinger nannte ebenfalls Beweggründe für seine Kandidatur: Anwälte leben vom Vertrauen der Klienten – „das Bild, das der Anwalt in der Öffentlichkeit hat, sei aber in der letzten Zeit massiv beschädigt worden. „Damit ist ein Vertrauensverlust einhergegangen, der unseren Lebensnerv treffen kann.“ Seine Intention sei es, vertrauensbildende Maßnahmen zu setzen. Welche das sein sollen, ließ Enzinger offen. Auch er wolle etwas bewegen; im Bereich der Standespolitik etwa. Hier sei ihm die Frage der Fortbildung ein besonderes Anliegen. Auch bei gesellschaftspolitischen Fragen, wie Grundrechts- oder Datenschutz, will der Jurist mehr Präsenz zeigen, als das bisher der Fall war. „Ich höre hier die Stimme der Anwälte nicht!“

In der Diskussion war diese Stimme wohl zu vernehmen. Wie die Kandidaten das Verhältnis von ÖRAK und RAK Wien sehen, wollte Moderator Herbert Hochegger wissen. Prochaska befürwortet eine engere Zusammenarbeit in Verwaltungsagenden, spricht sich aber bei wichtigen lokalen Entscheidungen für Autonomie der einzelnen Kammern aus. Enzinger hingegen sagt: „À la longue benötigen wir eine österreichische Rechtsanwaltskammer.“ Vieles, was heute bei den einzelnen Kammern angelegt sei, wäre beim ÖRAK weit besser aufgehoben, so er. Das Thema bewegt Anwälte sichtlich: So riss Manfred Ainedter kurzerhand das Mikrofon von Christian Dorda an sich, um seinen Ruf nach einer „österreichischen Rechtsanwaltskammer“ laut kundzutun.

Den Fall Mathes (der verstorbene Anwalt hat einen Schuldenberg hinterlassen, es geht auch um über zwölf Mio. Euro an Klientengeldern) brachte Anwältin Johanna Abel zur Sprache: Wie die interne Kontrolle, die in diesem Fall völlig versagt habe, verbessert werden soll, wollte sie wissen. Auf diese Frage hatte sich Präsident Auer vorbereitet: Dieser Vorwurf, der auch medial erfolgt sei, sei ungerechtfertigt. Das habe das Gutachten eines unabhängigen Sachverständigen ergeben, den der Ausschuss beauftragt habe. Wer der Gutachter ist, sagte Auer nicht. Wohl aber, dass dieser zum Ergebnis gekommen sei, die RAK Wien habe keinen wie immer gearteten Sorgfaltsverstoß begangen. Das Gutachten (Verfasser soll dem Vernehmen nach der ehemalige OGH-Senatspräsident Ronald Rohrer sein) kannte bis auf Auer noch niemand. Weder Enzinger noch Prochaska nahmen daher inhaltlich dazu Stellung. (hec/cka)

ZU DEN PERSONEN

Der Tiroler Stefan Prochaska ist seit sieben Jahren Vizepräsident der Wiener Rechtsanwaltskammer. Er war einer der Verteidiger von Rachat Alijew und vertrat im Telekom-Prozess Kronzeugen Gernot Schieszler. Der habilitierte Gesellschaftsrechtsexperte Michael Enzinger ist Mitglied des Ausschusses der RAK Wien. Bis Ende 2014 war er als Vorstand für die Anwaltsakademie tätig.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.03.2015)

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