Ende des Bankgeheimnisses? Noch keine Umsetzung

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Proell(c) AP (Photonews.at/Georges Schneider)
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Noch ist unklar, wann Banken die Behörden informieren. Innerhalb der EU wird der Informationsaustausch durch die Amtshilferichtlinie gewährleistet. Die kollidierte mit dem Bankgeheimnis. Daher gab es die anonyme Quellensteuer.

WIEN. Auf bilateraler Ebene haben sich Österreich, Belgien und Luxemburg gemeinsam mit der Schweiz die Anerkennung des „automatisierten“ steuerlichen Informationsaustausches bisher erfolgreich vorbehalten und ihr Bankgeheimnis damit bewahrt. Auf wachsenden Druck der G20-Staaten haben sie ihren Vorbehalt zu Art. 26 OECD-Musterabkommen aufgegeben und ermöglichen damit künftig eine neue Form des Informationsaustausches zwischen ihren Steuerbehörden und jenen ihrer Doppelbesteuerungspartner.

Quellenbesteuerung lückenhaft

Innerhalb der EU wird der Informationsaustausch durch die Amtshilferichtlinie (77/799/EWG) gewährleistet. Nach ihr erteilen die Steuerbehörden einander alle Auskünfte, die für die Festsetzung der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen geeignet sind. Da diese Art des Informationsaustausches mit dem Bankgeheimnis kollidierte, entschieden sich Österreichs, Belgien und Luxemburg 2004 innerhalb der EU für eine anonyme Quellensteuer. Deren Einhebung und Abfuhr ist wegen des hohen Verwaltungsaufwandes unpraktikabel und bleibt es auch, obwohl 2011 ein Steuersatz von 35Prozent gilt. Denn erfasst sind hauptsächlich Zinsen aus Sparguthaben und Anleihen, jedoch keine Dividendenausschüttungen und bestimmte Auszahlungen aus Investmentfonds.

Für die Schweiz ist die Anpassung an die OECD-Standards wohl am einschneidensten, da sie bisher formalistisch bei „bloßer Steuerhinterziehung“ im Gegensatz zum gerichtlich strafbaren „Steuerbetrug“ keine Auskünfte erteilte. Liechtenstein hat demgegenüber bereits im Dezember 2008 ein Abkommen zum Informationsaustausch mit den USA unterzeichnet und auch mit den EU-Staaten bilateral Gesprächsbereitschaft gezeigt. Das Abkommen Liechtenstein–USA ermöglicht den Informationsaustausch jedoch nicht rückwirkend: Auskünfte werden erst 2010 für den Veranlagungszeitraum 2009 gewährt. Auch die Schweiz wird wohl nicht rückwirkend Auskünfte erteilen.

Außerhalb der EU hatte der Vorbehalt zum Musterabkommen zur Folge, dass Österreich, Schweiz, Belgien und Luxemburg am automatisierten Informationsaustausch zwischen den OECD-Vertragsstaaten nicht teilnahmen. Nach dem Wegfall dieses Vorbehalts hat eine schriftliche Darlegung des begründeten Verdachts einer Steuerhinterziehung zu erfolgen. In Bezug auf Österreich rechtfertigte nach der bisherigen Rechtslage und Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur ein verfahrenseinleitender Bescheid einer Finanzstrafbehörde wegen eines vorsätzlichen Finanzvergehens eine Durchbrechung des Bankgeheimnisses. Leitet Österreich deshalb keine Informationen weiter, weil Österreichs Gerichte die Durchbrechung des Bankgeheimnisses bei einem bloßen begründeten Verdacht als nicht gerechtfertigt ansehen, so stünde dies im Widerspruch zu den Verhandlungen mit den G20-Staaten vom 13. März und dem Wegfall des Vorbehalts zum OECD-Musterabkommen. Dies hätte entweder zur Folge, dass Österreich sein Bankgeheimnis gesetzlich anpassen müsste oder mit Sanktionen der G20-Staaten zu rechnen hätte. Sollte das Bankgeheimnis bereits bei einem bloßen begründeten Verdacht durchbrochen werden, hätte der Steuerpflichtige vor der offiziellen Eröffnung seines Verfahrens keine Gelegenheit, die Offenlegung seiner Bankdaten rechtlich zu bekämpfen. Andererseits ist jedoch nunmehr klargestellt, dass sogenannte „Fishing Expeditions“, bei denen eine ausländische Finanzbehörde ohne konkreten Verdacht um Auskunft ersucht, keinesfalls zulässig sind. Im Zweifelsfall werden sich Österreichs Banken wohl an das Erfordernis eines gehörig bekannt gemachten Finanzstrafverfahrens halten und ihren Bankkunden damit die Gelegenheit geben, von der Offenlegung ihrer Bankdaten zu erfahren.

Rückführung nach Österreich

Für österreichische Kunden Schweizer und liechtensteinischer Banken stellt sich nach der internationalen Erosion des Bankgeheimnisses verstärkt die Frage, ob Kundendaten an ausländische Steuerbehörden nun bekannt gegeben werden und ob eine steuerliche Selbstanzeige hilfreich ist. Voraussetzung für den Informationsaustausch ist jedenfalls die Umsetzung der Regelungen in den jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen der beteiligten Länder. Mittelfristig führt die Anerkennung der OECD-Standards durch Österreich, Liechtenstein und speziell die Schweiz dazu, dass Bankdaten bereits bei hinreichendem Verdacht auf Steuerhinterziehung offenzulegen sind. Präventiv kann Geldvermögen über den Weg einer österreichischen Privatstiftung nach Österreich transferiert werden. Zuwendungen an sie unterliegen dabei der Stiftungseingangssteuer, Auszahlungen dann der Kapitalertragsteuer.

RA Dr. Kerres, LL.M ist Partner, Mag. Pröll Rechtsanwaltsanwärter bei Kerres Partners.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.04.2009)

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