„Crowdfunding stört die Banken offenbar nicht“

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Beteiligungen. Crowdfunding wird legal, Fonds sollen für Kleinanleger tabu bleiben. Warum?

Wien. Selten bekam ein Gesetzesvorhaben so viele Vorschusslorbeeren wie das geplante Alternativfinanzierungsgesetz (AltFG). Es soll Crowdfunding bzw. Crowdinvesting – also „Schwarmfinanzierung“ – auf eine rechtliche Basis stellen („Die Presse“ berichtete).

Bislang spielte sich diese Form der Unternehmensfinanzierung in einer rechtlichen Grauzone ab. Bekanntes Beispiel: der Waldviertler Schuhhersteller Heini Staudinger. Er ließ sich Kleinkredite von Privatpersonen geben und kam deshalb ins Visier der Finanzmarktaufsicht (FMA). Der Ausweg für ihn bestand letztlich darin, die Finanzierungen auf Nachrangdarlehen umzustellen. Diese Variante ist sichtlich legal – wenn auch nicht unbedingt zum Vorteil der privaten Geldgeber: Denn Nachrangigkeit heißt, dass man im Insolvenzfall hinter anderen Gläubigern rangiert.

Risikokapital für Start-ups

Dass „Schwarmfinanzierung“ nun einen rechtlichen Rahmen bekommen soll, freut vor allem Start-ups und Kleinunternehmer. Gerade sie haben es oft schwer, bei Banken Kredit zu bekommen. Es kommt aber auch Anlegern entgegen, die gegen die sicheren Realverluste auf dem Sparbuch Aversionen entwickelt haben und bereit sind, quasi „im Kleinen“ unternehmerisches Risiko einzugehen.

Dass bei Crowdfunding ein solches besteht, ist evident: Geht das Unternehmen pleite, droht Totalverlust. Geplant ist aber, Höchstbeträge für Investments einzuführen, die das Risiko in Grenzen halten. Konkret soll man höchstens 5000 Euro in ein Projekt stecken dürfen. Oder eventuell auch bis zu 10.000 Euro, wenn man ein Nettoeinkommen über 2500 Euro monatlich nachweist.

So weit, so gut. Unabhängig vom geplanten AltFG gibt es aber bereits ein Gesetz, das ebenfalls private Investments in Risikokapital betrifft – und diese massiv einschränkt. Nämlich das AIFMG (Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz). Dieses Gesetz betrifft unter anderem Fonds, die Beteiligungskapital für nicht börsenotierte Unternehmen bereitstellen (Private Equity, PE). Und ebenso Dachfonds, die ihrerseits in mehrere solche Fonds investieren.

Ursprünglich waren solche Fonds gar nicht reguliert – und allein schon deshalb jedem frei zugänglich. Das AIFMG, das diese „Regulierungslücke“ schloss, verbot dann den Vertrieb an Privatanleger (sofern sie keine „professionellen Kunden“ laut Wertpapieraufsichtsgesetz sind). Eine Novelle, die vergangenen Juli in Kraft trat, weichte dieses Verbot wieder auf: Wenn man nachweist, dass man seit mehr als vier Jahren in Aktien investiert, darf man jetzt Großbeträge ab 100.000 Euro in PE-Fonds und -Dachfonds stecken. Kleinere Veranlagungen durch Private sind aber nach wie vor verboten.

Begründet wurde das mit Anlegerschutz – was für die zahlreichen Kritiker schwer nachvollziehbar war. Vorauszuschicken ist, dass Fonds tendenziell weniger riskant sind als Einzelinvestments, weil sich das Geld auf mehrere Zielunternehmen verteilt. Bei Dachfonds, die in mehrere Fonds investieren, ist die Risikostreuung noch größer. So gesehen sei es widersinnig, dass man zuerst mit Aktien handeln muss, um ein (passives) Fondsinvestment tätigen zu dürfen, lautete ein Kritikpunkt. Ein weiterer: Warum darf man keinen kleinen Betrag, dessen Verlust man verschmerzen könnte, in einen Beteiligungsfonds stecken – wohl aber seine gesamten Ersparnisse, wenn sie sich auf 100.000 Euro belaufen? Und, von allem anderen abgesehen: Ist es überhaupt angebracht, eigenverantwortliche Menschen durch überzogenen „Schutz“ derartig zu bevormunden?

FMA war für Höchstgrenze

Die FMA sah damals übrigens keinen Grund, Kleinanleger von Private Equity fernzuhalten. Sondern schlug jenen Ansatz vor, der jetzt, beim Crowdfunding, offenbar verwirklicht werden soll: eine Höchstgrenze pro Veranlagung, die sie bei 15.000 Euro ansetzte.

Einige der kritischen Geister von damals plädieren nun dafür, im Zuge der Crowdfunding-Regelung gleich auch die alte rechtliche „Baustelle“ zu bereinigen. Etwa Martin Mikulik, Geschäftsführer des Finanzberatungsunternehmens MFC, der die 100.000-Euro-Schranke im AIFMG als „Reichengesetz“ kritisierte. „Wenn man künftig über Crowdfunding-Plattformen kleine Beträge in Einzelunternehmen investieren darf, warum dann nicht auch gebündelt über von Profis gemanagte Fonds?“, fragt er. „Da passt etwas nicht. Ich würde mir wünschen, dass das dann ebenfalls ermöglicht wird.“

Steuerberater Günther Havranek, ebenfalls vehementer Kritiker der AIFMG-Regelung, sieht das ähnlich. Er ortet jedoch Interessenlagen, die einer Änderung des AIFMG entgegenstehen könnten: „Ich vermute, die Dachfondsfrage wird weiterhin ungelöst bleiben, denn solche Fonds wären eine ernsthafte Konkurrenz für die Banken“, meint er. „Während die Kleinbeträge, die beim Crowdfunding eingesammelt werden, die Banken offenbar nicht stören.“

Es gibt übrigens noch einen weiteren Vorschlag für ein Alternativfinanzierungsgesetz, eingebracht vom Neos-Abgeordneten Niko Alm. Dieser Entwurf deckelt Einzelinvestments beim Crowdfunding mit 30.000 Euro. Und senkt zugleich das Mindestinvestment laut AIFMG auf denselben Betrag.

AUF EINEN BLICK

Alternativfinanzierungsgesetz. Nach den Regierungsplänen soll Crowdfunding bzw. Crowdinvesting einen rechtlichen Rahmen bekommen. Unter anderem sollen gestaffelte Informationspflichten (etwa über Unternehmenskennzahlen und Mittelverwendung) gelten: volle Prospektpflicht erst ab fünf Millionen Euro, ab 1,5 Millionen eine „Prospektpflicht light“, ab 100.000 Euro muss ein Informationsblatt ausgegeben werden. Bei Verletzung von Informationspflichten soll es ein Rücktrittsrecht geben.

Die Einzelinvestments sollen außerdem gedeckelt werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.04.2015)

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