Steuerreform: Neue Ungleichheiten

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Grunderwerbsteuer. Erbschaften und Schenkungen von Liegenschaften werden teurer. Einige Ungereimtheiten im Gesetzesentwurf wurden im letzten Moment beseitigt – aber längst nicht alle.

Wien. Dass die neue Grunderwerbsteuer eine Mehrbelastung für Familien bringen wird, steht fest: Erbschaften und Schenkungen von Liegenschaften werden teurer.

Werden Immobilien an Angehörige weitergegeben, soll künftig der Grundstückswert als Steuerbemessungsgrundlage gelten und nicht mehr der dreifache Einheitswert. Zwar wird für Erbschaften und Schenkungen ein gestaffelter Steuersatz je nach dem Wert der Immobilie eingeführt, trotzdem wird man in vielen Fällen (außer bei Immobilien mit sehr niedrigem Wert) deutlich mehr zahlen müssen als bisher. Nicht von ungefähr sprechen viele von einer „Erbschafts- und Schenkungssteuer durch die Hintertür“.

Viele Streitfragen

Über ein Detail des Entwurfs stritten die Koalitionsparteien bis zuletzt: Darüber, wie die Steuer zu bemessen ist, wenn eine Liegenschaft mehr als einen Eigentümer hat. In vielen Familien ist das die Lebensrealität – Haus oder Wohnung gehören beiden Eltern gemeinsam, das Kind erbt von jedem Elternteil jeweils einen Hälfteanteil. Die SPÖ setzte durch, dass dann die Erbschaften zusammengerechnet werden müssen, wenn sie innerhalb von fünf Jahren anfallen. Für Schenkungen gilt dasselbe. Man kann also den Steuervorteil durch die Tarifstaffelung nur einmal in Anspruch nehmen und zahlt insgesamt genauso viel Steuer, als hätte man die ganze Liegenschaft von einer Person geerbt.

Diese Zusammenrechnung auf eine wirtschaftliche Einheit sei ein Novum, sagt Christoph Plott, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei KPMG. Eine Zusammenrechnung gab es zwar auch bei der Schenkungs- und Erbschaftssteuer, aber nur bei Zuflüssen von ein und derselben Person. Plott weist auf einen Effekt hin, über dessen Sachgerechtigkeit man streiten kann: Überschreiben die Eltern ihr Einfamilienhaus im Wert von 500.000 Euro auf ihr Kind, fällt dafür mehr Steuer an, als wenn Vater und Mutter (zusätzlich zum Wohnsitz) je eine Vorsorgewohnung im Wert von 250.000 Euro besitzen und beide Wohnungen dem Kind schenken.

Entschärft wurde ein anderer Punkt, der im Begutachtungsverfahren heftig kritisiert worden war: nämlich, dass es als Entgelt gewertet wird, wenn man im Zuge einer Schenkung die auf der Liegenschaft lastenden Schulden mitübernimmt oder sich die bisherigen Eigentümer zum Beispiel ein Wohnrecht vorbehalten. Dadurch würde man steuerlich draufzahlen: Macht ein solches Entgelt über 30 Prozent des Liegenschaftswertes aus, würde der Erwerb als teilentgeltlich gewertet. Für den entgeltlichen Teil müsste man dann jedenfalls 3,5 Prozent Steuer zahlen.

Weitergaben innerhalb der Familie sollen davon jedoch nicht betroffen sein: Im Gesetz soll festgeschrieben werden, dass diese als unentgeltlich gelten. Hier kommt also jedenfalls der gestaffelte Steuertarif zum Tragen. Zur Familie zählt der im Gerichtsgebührengesetz umschriebene Personenkreis: Ehepartner, eingetragene Partner, Lebensgefährten mit gemeinsamem Hauptwohnsitz, Eltern, Kinder, Enkel usw. (auch Pflegekinder, Adoptiv- und Schwiegerkinder usw.), Geschwister sowie Nichten und Neffen.

Freibetrag statt Freigrenze

Ebenfalls ausgeräumt wurde eine andere Problematik: Die Steuerbefreiung für Ehegatten sollte ursprünglich nur bei einer Wohnnutzfläche bis 150 Quadratmeter gelten – ab 151 Quadratmetern wäre die volle Steuer angefallen. Nun wurde daraus ein Freibetrag, sodass nur der darüber hinausgehende Immobilienwert zu versteuern sein wird.

Andere Fragen sind weiterhin offen. So kritisierte der Rechnungshof, dass die Benachteiligung von Privatpersonen gegenüber Unternehmen (für die es weitgehende Steuererleichterungen gibt) und Landwirten (für die die Einheitswerte weiterhin gelten) nicht hinreichend begründet sei.

Eine andere, grundsätzliche Frage kam bislang kaum zur Sprache: Ob nämlich die neue „Quasi-Schenkungs- und Erbschaftssteuer“ nicht faktisch zur Umkehrung einer Situation führt, die schon einmal als verfassungswidrig beurteilt wurde. Bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer war man (wegen der unterschiedlichen Bewertungsregeln) als Liegenschaftserbe besser dran, als wenn man bewegliche Güter erbte (ausgenommen endbesteuerte Bankguthaben, für die gar keine Erbschaftssteuer anfiel – diese Ausnahme steht aber im Verfassungsrang). Vor allem wegen dieser Ungleichbehandlung kippte der Verfassungsgerichtshof 2007 die Erbschafts- und Schenkungssteuer.

Künftig wird dasselbe mit umgekehrten Vorzeichen gelten: Bei Immobilien wird die Weitergabe teuer, bei beweglichen Gütern fällt keine Steuer an. Wer ein Eigenheim hat, müsste, um seinen Erben die Steuerbelastung zu ersparen, dieses verkaufen und ihnen das Geld (oder damit gekaufte Wertgegenstände) schenken oder vererben.Formaljuristisch mag das begründbar sein, weil eine Grunderwerbsteuer eben doch keine „echte“ Erbschaftssteuer ist. Diejenigen, die es trifft, wird das kaum trösten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.06.2015)

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