Wie komme ich zum Geld, wenn meine Bank pleitegeht?

GREECE ECONOMY CRISIS
GREECE ECONOMY CRISISAPA/EPA/ORESTIS PANAGIOTOU
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Wie man bei einer Bankpleite zum Ersparten kommt, beschäftigt aktuell vor allem die Griechen. In Österreich erhöht ein neues Gesetz in Ausnahmefällen die Einlagensicherung.

Wien. Sollte das Referendum kommenden Sonntag tatsächlich stattfinden, werden die Griechen darüber abstimmen, ob sie zu dem geplanten Spar- und Reformpaket ihrer Geldgeber Ja sagen. „Ein Nein hieße ein Nein zu Europa“, stellte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker klar. Und ein Nein könnte auch dazu führen, dass die Europäische Zentralbank (EZB) die 89 Milliarden Euro, die sie Griechenland im Zuge des Hilfsprogramms gewährt hat, fällig stellt. Weil die Banken aber die Mittel zur Rückzahlung dieser ELA-Kredite nicht haben, wäre ihre Insolvenz die logische Folge. Das griechische Finanzsystem würde sofort kollabieren. Und jene Griechen, die ihre Ersparnisse bis jetzt noch nicht abgezogen haben, würden durch die Finger schauen. Doch was würde eigentlich in Österreich mit den Spareinlagen passieren, wenn eine Bank insolvent wird?

Was derzeit noch in vier Bestimmungen des Bankwesengesetzes normiert wird, soll künftig in 61 Paragraphen des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes (ESAEG) geregelt werden. Voraussichtlich wird es Mitte August 2015 in Kraft treten. Damit wird Österreich endlich seiner Verpflichtung gerecht, die Richtlinie 2014/49/EU vom 16.4.2014 umzusetzen. Das hätte eigentlich schon bis zum 3.Juli 2015 passieren sollen. Wenig überraschend hat Deutschland die Frist eingehalten. Österreich nicht. Unser Land befindet sich aber in Gesellschaft: Griechenland hat die Richtlinie auch noch nicht umgesetzt – und wird es wohl so schnell auch nicht tun.

Was bringt das neue Gesetz?

Mit dem neuen Gesetz wird das bisherige Regime der Einlagensicherung grundlegend geändert. Der Sinn des Ganzen? „Mit der EU-weiten Vereinheitlichung soll sichergestellt werden, dass Kunden künftig schneller ihre gesicherten Einlagen erhalten und Bank Runs im Ernstfall vermieden werden“, sagt Rechtsanwalt Erland Pirker, Partner bei Preslmayr Rechtsanwälte.
Die wichtigsten Änderungen im Detail:
• Bisher waren von Ausnahmefällen abgesehen sämtliche Guthaben auf allen Konten und Sparbüchern gesichert, und zwar bis zu einem Auszahlungsbetrag von 100.000 Euro pro Person und pro Kreditinstitut. Bei Gemeinschaftskonten wurde grundsätzlich zu gleichen Teilen aufgeteilt. Das bleibt auch weiterhin so. „Allerdings sieht das ESAEG vor, dass Einlagen in bestimmten Fällen auch bis zu 500.000 Euro gesichert werden“, erklärt Pirker. „Dann etwa, wenn sie aus einer privaten Immobilientransaktion, aus Versicherungsleistungen oder Entschädigungszahlungen stammen und der Sicherungsfall innerhalb von zwölf Monaten nach der Gutschrift eingetreten ist.“ Diese temporäre Erhöhung der Sicherung („Temporary High Balances“) soll auch für Einlagen gelten, die gesetzlich vorgesehene soziale Zwecke erfüllen und an bestimmte Lebensereignisse anknüpfen. Kündigungsentschädigungen oder Abfertigungen sind Beispiele dafür. Und anders als früher fallen künftig Einlagen großer Kapitalgesellschaften und in jeder Fremdwährung auch unter die Sicherungspflicht.
• Nach dem ESAEG soll die Auszahlung der Einlagen rascher erfolgen. Von derzeit 20 Arbeitstagen wird die Frist schrittweise bis 1.1.2024 auf sieben Arbeitstage nach Eintritt des Sicherungsfalls verkürzt. Damit es im Ernstfall auch tatsächlich zu einer zügigen Auszahlung kommen kann, müssen die Kreditinstitute ihre EDV-Systeme so adaptieren, dass sie jederzeit punktgenau feststellen können, wie hoch die gesicherten Einlagen ihrer Kunden sind, sagt Pirker. „Diese Info müssen sie im Sicherungsfall unverzüglich der zuständigen Sicherungseinrichtung (siehe Infobox) zur Verfügung stellen, damit diese die Auszahlung veranlassen kann.“
•Neben den technischen Anforderungen haben die Banken auch finanzielle Anforderungen zu bewältigen: „Die wirtschaftliche Belastung aufgrund der Umstellung auf die neue Einlagensicherung ist enorm“, sagt der Experte. „Während bisher die Gelder für die Auszahlung an die betroffenen Kunden von den zuständigen Sicherungseinrichtungen erst im Sicherungsfall eingefordert werden konnten, müssen die Banken zukünftig einen Einlagensicherungsfonds dotieren. Er muss bis zum Jahr 2024 mindestens 0,8 Prozent der gesicherten Einlagen der Mitgliedsinstitute der jeweiligen Sicherungseinrichtung aufweisen.“ Derzeit betragen die gesicherten Einlagen in Österreich etwa 205 Milliarden Euro. In den kommenden Jahren haben Österreichs Banken 1,6 Milliarden Euro alleine für die Einlagensicherung aufzubringen. Erste Einzahlungen müssen noch 2015 erfolgen.

WER FÜR DIE EINLAGENSICHERUNG ZUSTÄNDIG IST

Alle Kreditinstitute mit einer österreichischen Bankkonzession gehören einem der fünf Fachverbände der Kreditwirtschaft, nämlich Raiffeisenbank, Sparkassen, Banken und Bankiers, Volksbanken oder Hypo-Banken an.

Jeder Fachverband unterhält eine eigene Sicherungseinrichtung, die die Aufgaben hat, die gesetzliche Einlagensicherung zu besorgen. Nach dem neuen Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz (ESAEG) soll es zukünftig eine einheitliche Sicherungseinrichtung geben. Ihr sollen alle Kreditinstitute angehören, andernfalls erlischt ihre Bankenkonzession.

Das ESAEG weicht den Grundsatz jedoch wieder auf, indem es sogenannten institutsbezogenen Sicherungssystemen (ISP) die Möglichkeit einräumt, sich bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen von der Finanzmarktaufsicht als Einlagensicherungssystem anerkennen zu lassen. Es ist daher wahrscheinlich, dass es auch künftig in Österreich mehrere Sicherungseinrichtungen geben wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.07.2015)

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