Wenn Projekte sich in "belasteter" Luft auflösen

(c) APA/Herbert Pfarrhofer
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Die neue Verordnung über Gebiete mit belasteter Luft ändert die Erfordernisse von Einzelfallprüfungen nach dem UVP-Gesetz. Das kann Projekte vereinfachen, aber auch erschweren.

Vor kurzem wurde die lang erwartete Novelle der Verordnung über belastete Gebiete (Luft) zum UVP-G (Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz) ausgegeben. Diese hat gravierende Auswirkungen auf zahlreiche Projekte. Nach dem UVP-G bedürfen zahlreiche Vorhaben, wie etwa Einkaufszentren, Stellplätze, Freizeitparks (einschl. Golfplätze und Thermen), Straßen, diverse Industrieanlagen oder thermische Kraftwerke bereits ab Erreichen der Hälfte des gewöhnlichen Schwellenwertes, der eine UVP-Pflicht auslöst (etwa 500 statt 1000 Stellplätze bei Einkaufszentren), einer Einzelfallprüfung, ob sie UVP-pflichtig sind.

Sieben Jahre zugewartet

Ob ein UVP-relevantes Projekt innerhalb oder außerhalb eines als belastet ausgewiesenen Gebietes liegt, ist daher für Projektwerber wie auch für Betroffene – etwa Anrainer – essenziell. Problematisch ist dabei jedoch, dass die ausgewiesenen Gebiete faktisch einer ständigen Änderung unterliegen. Mit jeder Novellierung der Verordnung können neue Gebiete festgelegt, aber auch früher als belastet definierte Gebiete – je nachdem, was die Luftgütemessungen gezeigt haben – wieder „freigegeben“ werden. Umso problematischer ist, dass der Verordnungsgeber, obwohl sich die fachlichen Grundlagen seit Jahren geändert haben, sieben Jahre zugewartet hat, bevor die Verordnung an die faktischen Verhältnisse angepasst wurde. Ergebnis war, dass in den letzten Jahren Projekte in belasteten Gebieten, die bei richtiger Ausweisung einem UVP-Verfahren zu unterziehen gewesen wären, ohne UVP-Verfahren realisiert werden konnten und andererseits Vorhaben in faktisch gar nicht mehr belasteten Gebieten einer kostenintensiven, aber nach den tatsächlichen Verhältnissen unnötigen Einzelfallprüfung nach dem UVP-G unterzogen werden mussten (was beispielsweise bei einem Einkaufszentrum in Lienz der Fall war).

Auswirkungen auf Luftqualität

Nach der aktuellen Verordnung ist etwa Wr. Neustadt, eine der projektdynamischsten ostösterreichischen Städte, nicht mehr als belastetes Gebiet ausgewiesen, was für zahlreiche Projekte aus UVP-rechtlicher Sicht ganz neue Voraussetzungen schafft.
Die Ausweisung als belastetes Gebiet trägt unmittelbar zur Verbesserung der Luftgüte bei. Dies einerseits, da Projektwerber wegen der daraus resultierenden UVP-Pflicht umweltrelevante Vorhaben in den ausgewiesenen Gebieten entweder gar nicht oder in redimensionierter bzw. umweltoptimierter Form umsetzen.
Die UVP-Pflicht in belasteten Gebieten wird bereits dann bejaht, wenn durch die Verwirklichung des Vorhabens eine Relevanzschwelle von einem Prozent des Jahresmittelwerts des Luftschadstoffs erreicht wird. Um diese zu vermeiden werden daher in der Regel nur Vorhaben unter dieser Schwelle verwirklicht. Dies führt dazu, dass zahlreiche belastete Gebiete geringe oder gar keine Zusatzbelastungen erfahren und daher realistische Chancen haben, im Zuge der folgenden Novelle nicht mehr als belastet ausgewiesen zu werden. Umgekehrt können in nicht als belastet ausgewiesenen Gebieten umweltrelevantere Vorhaben vergleichsweise leichter (weil oft ohne UVP-Pflicht) realisiert werden. Auch die Relevanzschwelle für Zusatzbelastungen wird in der Praxis nicht mit einem, sondern mit drei Prozent des Jahresmittelwerts des Luftschadstoffs angenommen.
Die daraus folgende Rechtsunsicherheit wird dadurch verschärft, dass in Zukunft mit wesentlich kürzeren Abständen zwischen den Novellierungen zu rechnen ist. Dies entspricht sowohl der Intention des Gesetzgebers als auch der bis 2008 bestehenden Verordnungspraxis (so wurde bis dahin die Verordnung rund alle zwei Jahre novelliert).

Günstige Gelegenheit nützen

Projektwerber sind vor diesem Hintergrund gut beraten, in Planung befindliche Vorhaben außerhalb belasteter Gebiete rasch voranzutreiben, um einer UVP-Pflicht im Falle einer späteren (Wieder-)Ausweisung zu entgehen. Projekte in derzeit belasteten Gebieten könnten dagegen nach einer Novellierung und einem allfälligen Ausscheiden aus dem Kreise der belasteten Gebiete unter erleichterten Bedingungen umgesetzt werden.

Die Autoren

Mag. Wolfram Schachinger ist Rechtsanwalt, Mario Laimgruber LL.M ist Rechtsanwaltsanwärter bei Wolf Theiss.

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