OGH-Urteil: Wann Banken nicht für Erfüllungsgehilfen haften

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THEMENBILD: �MEINL BANK�(c) APA (Barbara Gindl)
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Ein externer Berater hatte auftragswidrig gehandelt, der OGH verneinte die Haftung der Bank. Verallgemeinern lässt sich das nicht.

Wien. „Meinl Bank haftet nicht für deliktisches Verhalten von Finanzberatern.“ So heißt es, einigermaßen euphorisch, in einer Presseaussendung der Bank. Und weiter, als Zitat von Meinl-Bank-Vorstand Peter Weinzierl: „Der Oberste Gerichtshof bestätigt: Die Bank ist nicht verantwortlich, wenn externe Finanzberater gesetzwidrige Handlungen begehen. Diese Rechtsmeinung setzt sich erfreulicherweise durch.“

In dem konkreten Fall, um den es geht, stimmt das auch. So pauschal, wie es hier zum Ausdruck kommt, gilt es aber doch wieder nicht, wie ein näherer Blick auf das OGH-Urteil zeigt (1Ob43/15b). Anlassfall war ein Streit zwischen einem Anleger, dem offenbar von seinem Finanzberater übel mitgespielt wurde, und der Meinl Bank („Die Presse“ berichtete). Der Anleger hatte Millionenbeträge in Zertifikate der ehemaligen Meinl-Immobilientochter Meinl European Land investiert – über Vermittlung des externen Beraters. Dessen Unternehmen war Vertriebspartner der für den Zertifikateverkauf zuständigen Tochter der Bank.

Nach dem Kurssturz im Juli 2007 wollte der Anleger die Reißleine ziehen und seine Zertifikate verkaufen. Seinem Anlageberater hatte er ein Blanko-Transaktionsformular unterschrieben, damit dieser für ihn Order rasch durchführen konnte. Der Berater verkaufte zunächst auftragsgemäß, kaufte dann aber eigenmächtig – mit einer zuvor hergestellten Kopie des Blankoformulars – wieder Anteile zu, denn der Verkauf hätte ihn um seine Provision gebracht. Bald darauf informierte er den Kunden über das auftragswidrig abgeschlossene Geschäft. Der Kunde erteilte neuerlich einen Verkaufsauftrag, machte eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft und klagte letztlich nicht nur den Finanzdienstleister, sondern auch die Meinl Bank – mit dem Argument, der externe Berater sei deren Erfüllungsgehilfe gewesen und dessen Verhalten sei daher der Bank zuzurechnen.

„Kein Sachzusammenhang“

Die ersten beiden Instanzen gaben ihm recht, der OGH entschied jedoch anders. Er bejahte zwar grundsätzlich Beratungspflichten der Bank gegenüber dem Kunden. Aber: Das, was hier passiert sei – die vereinbarungswidrige Verwendung eines Blankoformulars durch den Berater –, stehe damit in keinem Sachzusammenhang.

Die Ansicht, dass die Bank für externe Vertriebspartner als Erfüllungsgehilfen haften kann, hielt der OGH zwar aufrecht. Und auch, dass sie in einem solchen Fall auch für vorsätzlich rechtswidrige Handlungen eines Erfüllungsgehilfen einzustehen hätte. Aber, und das ist der entscheidende Punkt: Die Bank muss nur dann dafür einstehen, „wenn ein innerer Sachzusammenhang der schädigenden Handlung und der Vertragserfüllung besteht“. Und dieser sei hier eben nicht gegeben, entschied das Gericht. Dass ein Kunde einem externen Vertriebspartner ein Blankoformular unterschreibt und der es dann auch noch eigenmächtig verwendet, sei etwas, womit eine Bank nicht rechnen muss. Sie durfte also darauf vertrauen, dass der Kaufauftrag, der ihr übermittelt wurde, echt war. Fazit: In diesem konkreten Fall muss sich laut OGH der Kunde selbst, und nicht die Bank, das Fehlverhalten des Beraters zurechnen lassen. Von einer generellen Ablehnung jeder Haftung für deliktisches Verhalten externer Berater kann aber keine Rede sein. Ginge es etwa um wissentlich falsche Beratung durch jemanden, an den eine Bank ihre Beratungspflicht delegiert hat, wäre das Ergebnis wahrscheinlich ein anderes.

Die Meinl Bank betont im Übrigen, dass sie ihre Politik der „sozialen Vergleiche“ mit geschädigten Kleinanlegern fortsetzen will. Bis jetzt habe das Institut für 6456 Anleger rund 35,5 Mio. Euro aufgewendet. (cka)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.07.2015)

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