Ex-Mitarbeiterin verklagt Microsoft-Konzern wegen Sexismus

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Eine IT-Ingenieurin soll bei Beförderungen übergangen worden sein. Jetzt eröffneten ihre Anwälte eine Sammelklage gegen den Softwareriesen.

Wien. Die IT-Ingenieurin Katie Moussouris arbeitete sieben Jahre lang für den US-Konzern Microsoft. Vergangenen Mittwoch legte sie bei dem US-Bundesbezirksgericht in Seattle Klage gegen ihren früheren Arbeitgeber ein.

Ihr Vorwurf: Sie sei bei Beförderungen übergangen worden und habe regelmäßig schlechtere Beurteilungen im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen erhalten. Daneben bringt die Klageschrift vor, Moussouris wäre von einem männlichen Chef schlechter gerankt worden, nachdem sie ihn in mehreren Fällen der sexuellen Belästigung von Arbeitskolleginnen beschuldigt hatte.

Moussouris ist die erste Mitarbeiterin, die eine derartige Klage gegen den US-Konzern anstrengt. Die IT-Ingenieurin, die von 2007 bis 2014 eine leitende Position im Softwarekonzern eingenommen hat, klagt jedoch nicht nur für sich selbst auf Gehaltsentgang.

Sammelklage mit Grenzen

Ihre Anwälte haben eine Sammelklage gegen Microsoft eingereicht. Diese ist in den USA weiter verbreitet als in Europa und heißt dort Class Action. Die von Moussouris Anwälten definierte, sexuell diskriminierte Class ist auf den ersten Blick weit gefasst: Bekäme ihre Mandantin recht, würden auch alle weiblichen Angestellten entschädigt, die am US-Sitz des Softwarekonzerns zwischen September 2009 und heute in technischen Funktionen tätig waren beziehungsweise dies nach wie vor sind. Bei genauerer Betrachtung ändert sich das Bild jedoch und offenbart das systemimmanente Problem der IT-Branche. Microsoft zählt weltweit 117.000 Mitarbeiter. Ein Artikel des amerikanischen „Dallas Business Journals“ bricht die Zahl der tatsächlich Betroffenen jedoch herunter: Weniger als 60.000 würden nach dortigen Recherchen am US-Standort arbeiten, davon seien laut Angaben des Unternehmens wiederum nur 47 Prozent im technischen Bereich beschäftigt, damit rund 28.000 Arbeitnehmer.

Berücksichtige man aber den mit 17 Prozent niedrigen Anteil weiblicher Arbeitskräfte im IT-Bereich, blieben nicht einmal 5000Frauen über, auf die die Definition der Klageschrift im Moment zuträfe. Natürlich schlagen sich auch rund 5000 erfolgreiche Klägerinnen stärker in den Finanzen des verurteilten Softwareunternehmens nieder als eine einzige. Jedoch zeigt dieses kleine Rechenbeispiel anschaulich, wie wenige Frauen in der Tech-Industrie beschäftigt sind.

Erinnerungen divergieren

Microsoft wolle die Anschuldigungen gründlich prüfen, hat ein Sprecher des Konzerns vergangene Woche gegenüber dem „Wall Street Journal“ („WSJ“) bekannt gegeben. Der oben erwähnte Fall von Moussouris männlichem Chef, der ihr nach Sexismusvorwürfen schlechtere Noten gegeben haben soll, ist dem Konzern laut der Klageschrift schon damals zu Ohren gekommen. Microsoft soll, so die Klage weiter, nach Prüfung der Faktenlage Moussouris Beschwerde recht gegeben haben. Im aktuellen Rechtsstreit klang dies anders. Das „WSJ“ zitierte einen Microsoft-Sprecher vergangene Woche mit den Worten: „Wir haben den Vorwurf der Klägerin bereits in der Vergangenheit nachgeprüft und nichts gefunden, was ihre Behauptung untermauern würde.“ Weiters heißt es vonseiten des US-Konzerns, man sei um ein Arbeitsumfeld bemüht, das allen Angestellten die gleichen Aufstiegschancen bietet.

Vergangenes Jahr wurde Microsoft-Geschäftsführer Satya Nadella heftig kritisiert, nachdem er verkündet hatte, weibliche IT-Fachkräfte sollten nicht nach höheren Gehältern fragen, sondern einfach auf die Gerechtigkeit des Systems vertrauen. Später bezeichnete Nadella seinen Kommentar als „missverständlich“ und trat für eine Schließung der Gehaltsschere in der Tech-Industrie ein. (loan)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.09.2015)

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